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Die synthetische Theorie der Evolution.
Diese Theorie fasst die Erkenntnisse aller biologischen Teilwissenschaften zusammen. Sie berück-
sichtigt die grundlegenden Gesichtspunkte DARWINS, also die Überproduktion an Nachkommen,
die erblichen Variationen (Mutationen) und die Selektion. Sie wird aber durch eine Reihe weiterer
wichtiger Evolutionsfaktoren ergänzt und gilt nach heutigem Erkenntnisstand als am besten be-
gründet. Während der Evolution wird der Genpool, das ist die Gesamtheit der in einer Population
vorhandenen Gene, verändert.
Am Beispiel einer Bakterienkultur lässt sich das Zusammenspiel der Evolutionsfaktoren und damit
ein kleines Stück Bakterien-Evolution verfolgen. Züchtet man das Bakterium Staphylococcus au-
reus in Petrischalen auf reinen Agar-Nährböden und auf Nährböden mit dem Antibiotikum Penicil-
lin, so sind die Schalen mit reinem Agar-Nährboden später voller Bakterienkolonien, während die
Schalen mit Penicillin nur wenige Kolonien enthalten. Sie haben sich aus Bakterien entwickelt, die
vom Penicillin nicht abgetötet wurden. Sie
sind gegenüber diesem Antibiotikum in der
gewählten Konzentration resistent. Hier liegt
nicht etwa eine Anpassung im Sinne von Ge-
wöhnung an Penicillin vor. Widerstandsfä-
higkeit gegen Penicillin ist keine erworbene,
an die Nachkommen weitergegebene Eigen-
schaft, vielmehr haben diese Bakterien Gene,
die für die Widerstandsfähigkeit verantwort-
lich sind. Wie kommt es dazu? Gene von
Bakterien mutieren. Unter zehn Millionen
Zellen befindet sich im Durchschnitt eine,
bei der ein „Resistenzgen“ vorhanden ist.
Auch die Übertragung von mutierten Genen
von einem Bakterium auf ein anderes (Re-
kombination) kommt vor.
Rekombination und Mutation sind ungerich-
tet. Sie verändern in unserem Beispiel den
Genpool der Bakterienpopulation. Sie stellen
das Material, an dem die Selektion ansetzt,
für den Ausleseprozess bereit. Als Selekti-
onsfaktor wirkt hier das Penicillin. Es tötet
die Bakterien des Wildtyps ab und selektio-
niert die wenigen Zellen mit einem Resistenz-Gen heraus. Alle aus diesen resistenten Bakterien
gewonnenen neuen Bakterienkulturen bestehen aus Bakterien mit der neuen Eigenschaft.
Im gewählten Beispiel wirken die drei Evolutionsfaktoren Mutation, Rekombination und Selektion
zusammen. Weitere, den Genpool beeinflussende Evolutionsfaktoren sind: die Wanderung von In-
dividuen aus einer Population in eine andere (Migration) und die Isolation, bei der Teile der Popu-
lation von anderen Teilen isoliert werden. Hinzu kommen Gendrift und natürlicher Gentransfer.


Mutation, Rekombination, natürlicher Gentransfer

Mutation.
Bakterien teilen sich unter optimalen Kulturbedingungen alle 20 Minuten. In 24 Stunden können
also theoretisch 272 = 4.7 x 1021 Zellen entstehen. Ist unter Hunderttausenden von Bakterien im
Körper eines erkrankten Menschen ein einzelnes infolge einer Mutation gegen ein bestimmtes An-
tibiotikum resistent, so kann es den Einsatz dieser medizinischen Waffe überleben. Es wird also aus
einer riesigen Zahl von Erregern, die alle abgetötet werden, ausgelesen. Seine Resistenz gibt es an
alle Nachkommen weiter. Damit ist das eingesetzte Medikament wirkungslos geworden.
Die Häufigkeit, mit der ein einzelnes Gen mutiert, heißt Mutationsrate. Sie liegt für Bakterien im
Durchschnitt bei 10-7 . Das bedeutet, dass ein einzelnes Gen in nur einer unter 10 Millionen Zellen
mutiert. Die Mutationsrate ist niedrig. Infolge der unvorstellbar hohen Nachkommenzahl der Bakte-
rien ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Mutation aber doch relativ hoch.
Bei vielzelligen Organismen können Mutationen in den Körperzellen oder in den Keimzellen auf-
treten. Nur, wenn sie in Ei- oder Spermazellen bzw. deren Vorstadien vorliegen, können bei ge-
schlechtlicher Fortpflanzung Mutanten entstehen. Bei vielzelligen Organismen schätzt man die Mu-
tationsrate für ein einzelnes Gen auf 10-6 . Unter einer Million Keimzellen tritt also nur eine auf,
die am betreffenden Genort eine Mutation aufweist. Die Zahl der Gene eines eukaryotischen Orga-
nismus ist aber sehr hoch. Man schätzt sie je nach Art auf 104 - bis 106. Ein Organismus mit 105
Genen hätte bei einer Mutationsrate von 10-6 also immerhin in 1⁄10 seiner Keimzellen eine Mu-
tation aufzuweisen. Trotz niedriger Mutationsrate ist infolge der hohen Genzahl die Wahrschein-
lichkeit für das Auftreten einer Mutation relativ hoch. Man nimmt z. B. an, dass 10% bis 40% aller
Keimzellen des Menschen ein mutiertes Gen tragen. Mutationen verändern den Genbestand oder
Genpool einer Population qualitativ. Sie sorgen für den unerschöpflichen Vorrat an genetischer Va-
riation in einer Population. Sie stellen das Material für den Evolutionsprozess bereit. Damit sind sie
ein wesentlicher Evolutionsfaktor
Rekombination.
Durch die freie Kombination der Chromosomen bei der Keimzellbildung wird eine sehr große Zahl
genetisch unterschiedlicher Gameten ausgebildet. Durch Chromosomenstück-Austausch während
der Meiose wird diese Zahl noch erhöht. Bei der Verschmelzung von Ei- und Spermazelle entstehen
immer wieder neue Genotypen. Dem 3. MENDELschen Gesetz entsprechend findet eine Neukom-
bination der Gene und damit auch der Merkmale statt. Diese Neukombination von Erbanlagen bei
der sexuellen Fortpflanzung nennt man Rekombination. Durch die verschiedenen Prozesse der Re-
kombination entsteht in einer Population genetische Vielfalt. Rekombinationen sind für die Entste-
hung neuer Genotypen noch wichtiger als die Mutationen. Gäbe es plötzlich keine Mutationen
mehr, entstünden trotzdem noch in Hunderten von Generationen ständig neue Genotypen durch Re-
kombination. Die Zahl der Kombinationsmöglichkeiten der Gene innerhalb einer Population ist un-
vorstellbar hoch. Deshalb können bei weitem nicht alle theoretisch möglichen Kombinationen in
einer Population tatsächlich vertreten sein.
Natürlicher Gentransfer.
Austausch von genetischer Information erfolgt nicht nur zwischen verschiedenen Bakterienarten. Es
gibt auch Genübertragung von Bakterien auf höhere Pflanzen. So befällt Agrobacterium tumefa-
ciens verwundete Pflanzen und transferiert dabei ein Stück Plasmid-DNA in den Kern der Pflan-
zenzelle. Die eingeführten Gene zwingen die Pflanze zu abnormem Wachstum. Es bilden sich Tu-
more, die Wurzelhalsgallen. Die Plasmid Gene zwingen die Pflanze außerdem, Aminosäuren, die
ihr fremd sind, zu erzeugen. Sie werden an den Wurzeln freigesetzt und dienen der Ernährung der
Bakterien. Das Bakterium baut also eigene genetische Information in das Wirtsgenom ein und lässt
sich gewissermaßen „nach eigenem Rezept seine Suppe kochen“. Genaustausch scheint auch zwi-
schen nicht-verwandten Vielzellern möglich. So nimmt man an, dass bei Hülsenfrüchtlern gefunde-
ne Hämoglobin-Gene tierischen Ursprungs sind. Es ist also denkbar. dass neue Organismen nicht
NF BIOLOGIE 13.2 EVOLUTION
nur durch Mutation, sondern auch durch den Erwerb neuer Genfolgen von anderen Lebewesen ent-standen sind. Hybridisierung als Evolutionsfaktor?
2500 untersuchte Bälge von Darwinfinken und Freilandbeobachtungen haben gezeigt, dass
es bei diesen Vögeln Hybridisierung gibt. Es wurden gemischte Paare mit lebensfähigen
Nachkommen und Rückkreuzungen der Hybriden mit einer Ursprungsart beobachtet.
Nach neuesten Studien wurden bei jeder zehnten Vogelart Hybridisierungen beobachtet.
Auch bei vielen anderen Tierarten scheint der Austausch genetischer Information zwischen
Elternpopulationen eine Rolle für ihre Entwicklung zu spielen. Hybridisierung ist damit als
weiterer Evolutionsfaktor zu diskutieren.



Evolutionsökologie

Selektion.
Für den Evolutionsökologen ist die natürliche Selektion ein fundamentales Prinzip der Ökologie.
Ein Beispiel verdeutlicht das: Der extrem kalte und lange Winter 1946/47 in Mitteleuropa führte zur
Verminderung der Zahl der Insekten. Dadurch litten die Maulwürfe unter Nahrungsmangel, der ei-
nen Selektionsdruck auf sie ausübte. Genetisch bedingt kleinere Tiere hatten einen Selektionsvor-
teil, sie kamen mit weniger Nahrung aus. Größere Tiere verhungerten eher. Dadurch war der pro-
zentuale Anteil größerer Tiere nach diesem Winter gesunken, Das zeigt uns: Die Auslese setzt am
Phänotyp an, Genotypische Unterschiede. die phänotypisch nicht in Erscheinung treten, werden von
der Selektion nicht erfasst.
Die Evolutionsfaktoren Mutation, Rekombination und Gentransfer stellen für die natürliche Ausle-
se, die Selektion, das Material bereit. Diese gibt dann dem Evolutionsprozess eine Richtung, indem
sie die weniger tauglichen Individuen zurückdrängt, während sie die anderen Individuen der glei-
chen Population begünstigt.
Die Maulwürfe in unserem Beispiel wurden den Umweltbedingungen „angepasst“. Angepasstheit
steht in strengem Umweltbezug. Bei der Entscheidung, ob ein Merkmal in einer Population positi-
ven oder negativen Selektionswert hat, muss man die jeweiligen Umweltbedingungen berücksichti-
gen. Unter extremem Nahrungsmangel war die geringe Körpergröße für die Maulwürfe vorteilhaft.
Unter anderen Bedingungen, z. B. bei Zunahme der natürlichen Feinde, könnte die Kleinheit der
Maulwürfe wegen geringerer Verteidigungsfähigkeit einen negativen Selektionswert haben. Die
Angepasstheit eines Lebewesens kann zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort
hoch, an anderem Ort, zu anderer Zeit dagegen gering sein.

Das Zusammenwirken von Mutation und Selektion kann man
an einer Bakterienkultur von E.coli beobachten. (Abb. links)
Impft man E.coli (Wildtyp) definierter Konzentration auf ei-
nen Vollnährboden 1, so erhält man nach Bebrütung einen
dichten Bakterienrasen. Im Parallelversuch unter Antibioti-
kumzugabe entstehen dagegen nur wenige Kolonien 2. Das
Antibiotikum wirkt als Selektionsfaktor. In beiden Fällen
entstehen nur wenige Mutationen. Man spricht deshalb von
einem schwachen Mutationsdruck. Auf dem Vollnährboden
ist auch der Selektionsdruck schwach. Das Antibiotikum
sorgt dagegen für einen starken Selektionsdruck, sodass nur
einzelne (im Beispiel 3)Kolonien aus resistenten Bakterien
hervorgehen. Die anderen werden abgetötet.
Wiederholt man den Versuch nun mit Coli-Bakterien, die mit
UV-Licht bestrahlt wurden. so erhält man auf dem Vollnähr- boden unverändert einen dichten Bakterienrasen . Auf dem Antibiotikum-Nährboden findet man
diesmal erheblich mehr Kolonien als im Fall der unbestrahlten Bakterien 4. Dem starken Selek-
tionsdruck wirkt in diesem Fall durch die erhöhte Mutationsrate ein starker Mutationsdruck entge-
gen. Das Antibiotikum wirkt also in einer Kultur von Escherichia coli als Selektionsfaktor. Es übt
auf die Bakterien einen Druck aus, der zum Verschwinden der nicht resistenten Zellen führt. Die-
sem Selektionsdruck wirkt der Mutationsdruck entgegen, der durch die in den Kulturen entstehen-
den Mutanten hervorgerufen wird.
Als Selektionsfaktoren können alle Einflüsse der unbelebten Natur, wie Niederschlag, Temperatur,
Windverhältnisse, Bodenbeschaffenheit und chemische Bedingungen, wirken. Das gilt auch für Or-
ganismen. Sie können als Konkurrenten um Nahrung und Wohnraum auftreten. Parasiten und
Krankheitserreger spielen eine Rolle. Auch die geschlechtliche Auslese bei der Partnerwahl ist von
Bedeutung.
Selektion bewirkt, dass bestimmte Individuen mehr Nachkommen haben und damit mehr zum Gen-
pool der Folgegeneration beitragen als andere. Diesen größeren Erfolg bei der Fortpflanzung wer-
den diejenigen haben, die bei der Nahrungskonkurrenz und bei der Partnerwahl erfolgreicher sind,
bessere Brutpflege betreiben, schlechte Umweltbedingungen besser ertragen können usw.

Beispiele für das Wirken der Selektion.
Zu Zeiten der Industrialisierung war die Rinde von Bäumen in Industriegebieten durch Ruß
schwarz gefärbt. Dunkle Mutanten von Insekten waren dort vor Fressfeinden besser geschützt. Sie
hatten gewissermaßen eine Tarntracht und setzten sich deshalb gegenüber ihren heller gefärbten
Konkurrenten durch. Wegen des dunklen Farbstoffs Melanin in Flügeln und Körper hat man den
Begriff Industriemelanismus geprägt. Die dunkle Mutante des Birkenspanners ist dafür ein Beispiel.
Tarnung durch einen verblüffend umgestalteten Körper zeigen z. B. die Stabheuschrecken, die von
den Ästen der Pflanzen. auf denen sie leben, nicht zu unterscheiden sind. Beim wandelnden Blatt,
einem Heuschrecken-Verwandten, sind die Flügel, die Flügeldecken und die Beine so gestaltet.
dass das Tier einem Blatt zum Verwechseln ähnelt. Wespen sind auffällig schwarz-gelb gefärbt. Sie
signalisieren mit der Warnfarbe ihren Feinden: Vorsicht, Gefahr! Giftige oder unbekömmliche Tie-
re werden häufig von nichtgiftigen im Aussehen „nachgeahmt“. Diese „vorgetäuschte" Warntracht
wirkt als schützende Ähnlichkeit und heißt Mimikry.
Auf Inseln findet man Insekten mit reduzierten oder gar fehlenden Flügeln. Sie haben offenbar ei-
nen Selektionsvorteil, weil flugunfähige Insekten nicht vom Wind aufs Meer hinausgeweht werden.
Manche Höhlentiere sind blind. Dieser Mangel wirkt sich nicht negativ aus, weil Blindheit bei der
Lebensweise im Dunkeln keinen negativen Auslesewert hat.

Wirksamer Selektionsdruck bewirkt raschen evolutiven Wandel

Der Industriemelanismus zeigt, dass der Selektionsdruck durch Fressfeinde
beim Birkenspanner relativ schnell zur Verwandlung und damit zum Ange-
passtsein an die dunkle Baumrinde führt. Ein weiteres Beispiel ist die
Strandkrabbe. An der Ostküste Nordamerikas drang sie seit 1900 in be-
stimmte Regionen vor. Eines ihrer Beutetiere ist eine Schnecke. Vergleicht
man Gehäuse dieser Schneckenart aus der Zeit vor 1900 mit Gehäusen aus
späterer Zeit, so stellt man fest, die Tiere haben einen flacheren, dickwandi-
geren Gehäusetyp als vor dem Einwandern der Strandkrabbe. Die dick-
wandige Form ist für die Krabben schwerer zu knacken. In krabbenfreien
Gebieten haben die Schnecken noch immer ihre höheren. dünnwandigen
Gehäuse. Hier zeigt sich erneut, wie wirksamer Selektionsdruck zu einem
relativ schnellen Wandel führt.

Isolation

Gemsen lebten vor der Eiszeit in den meisten Hochgebirgen Europas. Heute leben Gemsen nur
noch in einzelnen, getrennten Regionen. Nach der Eiszeit wurden die Tiere aus ihrem geschlosse-
nen Wohngebiet hierher zurückgedrängt. Durch die geografische Trennung ist es nun möglich. dass
sich in zukünftigen, sehr langen Zeiträumen aus ihnen vielleicht verschiedene Gemsenarten entwi-
ckeln werden. Eine neue Eigenschaft entsteht immer durch Mutationen. Wenn sie nicht nachteilig
sind, verbreiten sie sich über die gesamte Population. Prinzipiell kann sich jedes Individuum einer
Population zusammen mit jedem andersgeschlechtlichen derselben Art fortpflanzen. Tatsächlich
geschieht das nicht, aber über längere Zeit hinweg tritt eine Durchmischung des Erbguts ein. Dies
bezeichnet man als Panmixie. Alle Faktoren, die diese beeinträchtigen, werden als Iso-
lationsfaktoren
bezeichnet.
Geografische Isolation.
Die Beuteltiere Australiens sind das klassische Beispiel für geografische Isolation. Als sie entstan-
den, hatte sich der australische Kontinent schon von den anderen Kontinenten getrennt, sodass kei-
ne Möglichkeit des genetischen Austauschs mit anderen Formen mehr bestand. Andere Fälle finden
wir auf neu entstehenden Inseln, die besiedelt werden. Auf den Galápagosinseln entstanden auf die-
se Weise die Darwin-Finken, die einmal vom südamerikanischen Festland einwanderten und dann
hier eine völlig eigenständige Entwicklung erlebten.
Ethologische Isolation.
Bei den Regenpfeifern gibt es zwei Arten. die sich äußerlich recht wenig, dafür aber in ihrem Ver-
halten stark unterscheiden, Die Abbildung zeigt zwei Verhaltensweisen, die das belegen. Das Im-
ponierverhalten des Sandregenpfeifers unterscheidet sich stark von dem des Flussregenpfeifers. Da
die Verhaltensweisen bei den Artgenossen angeborene Auslösemechanismen ansprechen, reagiert die eine Art nicht auf das Imponierverhalten der anderen und umge-kehrt. Einen starken Bezug zur Vermehrung und damit zur Weitergabe der Gene hat das Ablöseverhalten am Nest. Beim Brüten lösen sich Sandregenpfeifer ab, indem der ankommende Vogel den brütenden Partner von der Seite her von den Eiern drängt. Das Ablösen der Flussre-genpfeifer erfolgt dagegen so, dass der ankommende Vogel von hinten auf das Nest fliegt und der brütende dieses nach vorn verlässt. Verhaltensunterschiede wie diese können dazu beitragen. dass eine Kommunikation zwischen möglichen Kreuzungspartnern so stark er-schwert ist, dass keine Kreuzung mehr stattfindet.
Jahreszeitliche Isolation.
Wasserfrosch und Grasfrosch sind zwar genetisch kreuzbar, ihre Balzphasen liegen aber zu unter-
schiedlichen Zeiten im Jahr. Deshalb kommt es normalerweise in der Natur nicht zu Kreuzungen.
Ökologische Isolation.
Unter den Darwin-Finken gibt es solche mit spitzen Schnäbeln, die besonders gut Insekten fangen
können, und solche, die mit massiven Kernbeißerschnäbeln Körner und Samen aufknacken. Durch
neue Erbmerkmale erhalten Lebewesen häufig die Möglichkeit. neue Ernährungs- und Wohnmög-
lichkeiten zu nutzen. Dadurch sind sie dem Konkurrenzdruck entzogen und können sich nahezu un-
gestört entwickeln.
Adaptive Radiation.
Wenn in der Evolution durch Anpassung unterschiedliche Entwicklungslinien entstehen, spricht
man von adaptiver Radiation. Die Darwin-Finken z. B. spalteten sich durch Adaptation (Anpas-
sung) an verschiedene Lebensräume in mehrere Arten auf. Auch der Pferdestammbaum zeigt im
Miozän und im Pliozän adaptive Radiationserscheinungen . Die Aufspaltung in verschiedene Ra-
dien (Strahlen) erfolgt unmerklich und langsam. Anfangs sind die Unterschiede zwischen den
Individuen noch
so gering, dass sie sich noch miteinander paaren und fruchtbare Nachkommen haben können. In
diesem Fall spricht man von Rassen. Die Rassen der Menschen sind dafür ein Beispiel. Treten im
Laufe der Entwicklung von Lebewesen jedoch mehr trennende Eigenschaften auf, so finden kaum
noch sexuelle Kontakte statt. Durch züchterische Aktivitäten können noch Nachkommen erzeugt
werden, die dann aber meist steril sind. Maultiere und Maulesel z. B., die aus der Kreuzung von
Pferd und Esel entstehen, sind unfruchtbar. Wenn die Unterschiede so groß geworden sind, dass
keinerlei sexuelle Kontakte mehr stattfinden und auch keine fortpflanzungsfähigen Nachkommen
mehr entstehen, spricht man von zwei getrennten Arten.

Source: http://server.pg.gd.bw.schule.de/~MuellerN/Synthetische%20Evolutionstheorie.pdf

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