Keine angstmacherei, aber auch keine verharmlosung
KEINE ANGSTMACHEREI, ABER AUCH KEINE VERHARMLOSUNG Dr. Hansruedi Stadler, Ständerat des Kantons Uri / 20.10.2005 Die Ausbreitung der Vogelgrippe und die mögliche Gefahr einer Grippenpandemie haben diese Woche weite Kreise der Bevölkerung beschäftigt. Durch zum Teil widersprüchliche Pressemeldungen Verunsicherung entstanden. Geschäftsprüfungskommission des Ständerates hat diese Woche in einer Medienmitteilung auf die offenen Fragen im Zusammenhang mit der Versorgung durch Medikamente und Impfstoffe hingewiesen. Ständerat Hansruedi Stadler hat als Sprecher der Geschäftsprüfungskommission bereits
anlässlich der Juni-Session im Ständerat auf die drohende Pandemie-Gefahr hingewiesen. Denn Grippenviren verursachten seit Jahrhunderten sogenannte Pandemien, d.h. einen weltweiten
Ausbruch einer Krankheit. An der Spanischen Grippe seien in der Schweiz zwischen 1918 und 1920 ein Viertel der Gesamtbevölkerung erkrankt; 25'000 Personen seien daran gestorben. Das
Urnerwochenblatt führte mit Ständerat Stadler das nachfolgende Gespräch.
Warum hat sich nun die GPK des Ständerates mit der Vogelgrippe und einer drohenden Grippen-Wir haben bereits am 1. Juni 2005 vom Bundesrat verlangt, der Pandemie-Vorsorge eine sehr hohe Priorität einzuräumen. Denn die Warnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
waren bereits im Frühsommer sehr dramatisch. Unsere Kommission hat damals auf mögliche Lieferengpässe beim Medikament Tamiflu und auf ungelöste Fragen bei der Produktion von
Impfstoffen hingewiesen. Hier besteht auch heute noch Handlungsbedarf, was zur erneuten
Intervention der GPK geführt hat. Haben die Bundesstellen die Gefahr unterschätzt? Es geht nicht darum, ob eine Grippen-Pandemie kommt oder nicht kommt. Sie wird uns früher oder später erreichen. Auch ist nicht auszuschliessen, dass es einmal bei uns Fälle der
Vogelgrippe geben kann. Die Zugvögel werden vom Süden wieder einmal in den Norden fliegen. Dies kann niemand in der Schweiz, auch keine Bundesstelle, „im Griff“ haben. Mit
dieser Unsicherheit müssen wir alle leben. Die zuständigen Bundesämter haben für mich etwas
zu lange den Eindruck erweckt, dass man alles „im Griff“ hat. Was haben aber die Bundesämter zu tun? Die Frage ist, ob wir alle möglichen Vorkehrungen getroffen haben, wenn einmal eine Grippen-
Auch wenn wir im Vergleich zu anderen Staaten gut da stehen, räumt selbst das Bundesamt für Gesundheit ein, dass noch nicht alle Hausaufgaben vollständig gemacht sind.
Es sind noch zentrale Fragen bei der Verteilung des Medikamentes Tamiflu und bei der
Versorgung mit Impfstoffen offen. Tamiflu zeigt nur seine Wirkung, wenn es spätestens 48 Stunden nach der Ansteckung eingenommen wird. Die Verteilung muss deshalb optimal
funktionieren. Wirksamer ist sicher eine Impfung. Aber der richtige Impfstoff kann ja erst abschliessend entwickelt werden, wenn uns das Virus bekannt ist, gegen das es wirken soll und
das ist uns nicht bekannt. Aber trotzdem sind verschiedene Fragen bezüglich der Versorgung
mit Impfstoffen offen, die bereits heute geregelt werden könnten. Auf diesen Handlungsbedarf hat die GPK diese Woche hingewiesen.
War die Kommunikation der Bundesstellen gut oder haben einfach die Medien alles aufgebauscht? Die Kommunikation war nicht optimal! Wenn eine Amtsstelle eine Nachricht aussendet, ist
nicht vorab entscheidend, wie dies gemeint war, sondern wie die Bevölkerung diese Nachricht verstanden hat. Durch nachträgliche Korrekturen und Relativierungen schafft man kein
Vertrauen. Auch durch die widersprüchlichen Experten-Meinungen und -Empfehlungen ist eine grosse Unsicherheit in der Bevölkerung entstanden. Deshalb hat nun auch der Bundesrat
erkannt, dass die Information zu verstärken ist.
Angstmacherei ist ebenso falsch wie wenn man den Eindruck erweckt, dass man immer alles „im Griff“ hat. Die ganze Situation darf nicht verharmlost werden.
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