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DER DEPRESSIVE PATIENT IN DER
ZAHNMEDIZIN

Zahnheilkunde als Teil der Humanmedizin kann aus vielfäl- an die typischen Ängste und Wünsche dieser Lebensphase: tigen Gründen nicht auf einen Psychosomatischen Blick- Das Satt-Werden nicht nur an Nahrung, sondern auch an winkel verzichten. Gerade auch depressive Patienten stel- liebevoller Zuwendung, respektive die unstillbare Angst, zu len den Zahnarzt vor Aufgaben, die rechtzeitige Wahr- „verhungern“ – tatsächlich scheinen schon auf den ersten nehmung, Kenntnisse der psychologischen Hintergründe, Blick die Neigungen zu Erkrankungen im Mund-, Hals-, Auswirkungen auf die Arzt-Patienten-Beziehung ebenso Rachenbereich und gesamten Verdauungstrakt eine körper- notwendig machen, wie einen therapeutisch sinnvollen sprachliche Übersetzung solch unstillbarer Ängste und Umgang mit den verschiedenen körperlichen Ausdrucksfor- men der Depression. Ziel einer Veröffentlichung „aus der Auch die persistierende „Beziehungs-Sehnsucht“ des De- Praxis für die Praxis“ soll dabei auch hier sein, dem Zahn- pressiven wird so noch verständlicher, ist der Mund doch arzt Verständnis, Erkennen und Handlungsanleitung näher auch der Körperbereich, über den nicht nur die Nahrungs- aufnahme geschieht, sondern auch erste – und auch späte- re – zwischenmenschliche Beziehungen aufgenommen wer- den, ein Sinnesorgan mit ausgedehnter zentral-nervöserRepräsentation.
Mit gesenktem Haupt schlurft er traurigen Blickes und wort- Andererseits entstehen Depressionen aber auch als Folge los in sich versunken ins Behandlungszimmer. Alles an ihm körperlicher Erkrankungen oder hormoneller Veränderun- scheint zu „hängen“, wirkt „grau“, niedergeschlagen, müde gen bzw. sind selbst Ausdruck (Hirn-) organischer Erkran- und antriebslos. Die Kommunikation beginnt mühsam mit kungen, wie dies bei dementen oder alters-depressiven verhaltener Stimme, an nichts scheint so recht Interesse auf- Patienten oder der vormals sog. endogenen Depression und zukommen, Freude scheint dem Patienten einzig zu machen, dass ihm jemand zuhört bei seinen endlosen Klagen, versetztmit Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen.
Natürlich können Depressionen auch aufgrund völlig ande- Den Zahnarzt beschleicht mit zunehmend gedrückter eige- rer Persönlichkeitsstrukturen und deren neurotischen Ent- ner Stimmung das Bedürfnis, entweder diesem Patienten un- wicklungen aus ganz unterschiedlichen Wunsch- und bedingt helfen zu müssen oder sich dem Patienten so schnell Angstfixierungen heraus entstehen (schizoid, narzisstisch, wie irgend möglich zu entziehen, wie wohl dieser sich in zwanghaft und hystrionisch), was gerade auch das Arzt- gleichem Maße steigernd anzuklammern scheint, wie ein Patienten-Beziehungsgeschehen nicht gerade übersichtli- Ertrinkender an den letzten Strohhalm .
Ein Leichtes, hier die Überschrift: „Depression“ vor Augen zuhaben – doch leider: so einfach ist es meist nicht! Und schließlich beanspruchen auch die verschiedenen „Schu- Zwar ist das Auftreten in der Praxis eher zurückhaltend, fast len“ aus ihrem jeweiligen Blickwinkel eine ganz unterschied- übertrieben rücksichtsvoll, ansonsten aber scheint oft alles liche Ursachen-Sicht: Während die Tiefenpsychologie/Psy- zum Besten zu stehen: „ Herr Doktor, machen sie sich um choanalyse das Thema Verlustangst und Entwertung als lebensbestimmendes Kindheitstrauma in den Mittelpunkt Überhaupt sind die in klassischem Sinne depressiven Patien- stellt, gehen kognitive und lerntheorethische Ansätze von ten oft ungewöhnlich (lebens-) tüchtige und leistungsfähige selbstzerstörerischen Denkprozessen bzw. Hilflosigkeitskon- Leute, keineswegs mit labilem Charakter oder übergroßer zepten aus. Die humanistischen Schulen fokussieren meist Empfindlichkeit. Auch ihre sozialen und wirtschaftlichen aktuelle biographische Ereignisse – tatsächlich sind Bezie- hungskonflikte und Trennungen, Tod und Krankheit vonAngehörigen oder eigene „Einbrüche" existentieller Art wie auch berufliche Umbrüche, Berentung, Arbeitslosigkeit, Es darf auch nicht unerwähnt bleiben, dass Depressivität Umzug oder Auszug von Kindern Auslöser depressiver Pha- keineswegs immer auf dem gleichen Boden wächst: sen. Dagegen stellt der psychiatrische Blickwinkel neuro- Schon S. Freud ging von einer seelischen Prägung aus, die chemische Prozesse im Zentral-Nervensystem im den Mit- in die sog. „orale Phase“ fällt mit der Folge einer Fixierung ZAHNÄRZTLICHENACHRICHTENNIEDERSACHSEN 8+9/05 Nicht unerwähnt bleiben sollen auch all die alternativ-medi- Neben einer genetischen Disposition spielen auch frühe zinischen Ansätze, die bei genauem Hinsehen aber eher – Bindungsstörungen sowie das Einwirken einer Reihe psy- wenn auch in einer weit gezogenen Denkschleife – letztlich chosozialer Belastungsfaktoren in der Kindheit eine wichti- wieder einem physikalisch/energetisch, also somatischen ge Rolle. Emotional distanzierte Eltern, längere Trennungen Denkansatz folgen und so von einer Psychosomatik eher von der Mutter in der frühen Kindheit, verbale Entwertun- gen und teilweise auch sexuelle Missbrauchserfahrungen Durchgesetzt hat sich nun in den letzten Jahren die Eintei- verhindern den Aufbau eines stabilen Selbstwertgefühls.
lung nach ICD-1, danach werden die depressiven Störungen Auf der späteren kompensatorischen Suche nach Anerken- im Abschnitt F 3 unter „affektive Störungen“ zusammen- nung neigen depressive Patienten dann zu Überforderung.
Sie können nicht Nein sagen bzw. sich abgrenzen und auch Sie werden dort nicht mehr nach ihrer vermuteten Entste- nicht Ärger nach außen zeigen, vielmehr neigen sie dazu, hung (endogen, neurotisch, reaktiv usw.), sondern in erster für alles die Schuld bei sich zu suchen.
Linie nach Verlauf und Schweregrad unterschieden.
Die Diagnose ist an die Befundung sog. „Kernsymptome“ und „Zusatzsymptome“ gebunden. Von den drei Kernsymptomen Kernsymptome: (mindestens 2)
(bedrückte Stimmung, Anhedonie, schnelle Erschöpfbarkeit nach geistigen oder körperlichen Belastungen) müssen min- destens zwei vorhanden sein. Je mehr Zusatzsymptome (Kon- zentrationsstörung, psychomotorische Unruhe oder Hem-mung, Appetit- bzw. Gewichtsverlust, Schlafstörungen, Zusatzsymptome
Gefühle der Wertlosigkeit, Suizidgedanken bzw. -pläne, Libi- (3-4 = mittelgradig. > 4 = schwere Depression)
doverlust) festgestellt werden können, desto ausgeprägter der Schweregrad der Depression. Zu unterscheiden ist zwischen einer einzelnen bzw. wiederkehrenden Episoden, die mindes- • Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit tens zwei Wochen dauern, und der Dysthymie, bei der die • Negative pessimistische Zukunftsperspektiven depressive Symptomatik schon über Monate oder Jahre an- hält, allerdings meist nicht so stark ausgeprägt ist, so dass die Betroffenen ihrem alltäglichen Leben meist weiterhin nachgehen können. Die früher als reaktiv bezeichneten Depressionen werden nach An diesem wissenschaftlichem Anspruch auf Detailsicht ge- ICD-10 als „Anpassungsstörungen“ bezeichnet, bei denen messen, muss es als Engführung empfunden werden, wenn eine vorausgegangene Belastungssituation (z.B. Tod eines wir uns nachfolgend der Überschaubarkeit halber aber kon- Elternteils, schwere Erkrankung des Partners usw.) vorhan- zentrieren wollen auf das, was in der Praxis am häufigsten anzutreffen und depressiven Patienten weitestgehend ge-meinsam ist, soweit diese in einer Zeit, in der eher narziss- " Einordnung der Depression innerhalb des ICD 10 tische Strukturen als „Zeit- bzw. Gesellschafts-Neurose“ zu dominieren scheint, überhaupt vorkommen, und zudem gerade depressiv strukturierte Menschen jene Praxen mit seis- mographischer Sensibilität herauszufinden und zu ➤ - Manie ohne psychotische Symptome (F 30.1)- Manie mit psychotischen Symptomen (F 30.2) • Bipol.affekt. Stör. (F 31.x) • Depress. Episode (F 32.x)* - leichte depressive Episode (F 32.0)- mittelgradige depressive Episode (F 32.1)- schwere depressive Episode ohne psychot. Sympt. (F 32.2)- schwere depressive Episode mit psychot. Sympt. (F 32.3)- sonst. depr. Episoden (larvierte Depr.) (F 32.8) • Rezidivierende depressive Störungen (F 33.x) u.a.
• Anpassungsstörung (F 34) (früher: reaktiv)• Zyklothymia (F 34.0)• Dysthymie (F 34.1) (anhaltend über Monate oder Jahre) Zusammengefasst wird heute verbindlich als ursächlich einmultifaktorielles Geschehen gesehen, bei dem biologische,psychische und soziale Faktoren individuell unterschiedlichstark bedeutsam sind.
selektieren scheinen, wo sie mit ihren Wünschen und Äng- Die Gruppe bearbeitet unter kompetenter Anleitung „ana- sten am ehesten Anklang und Verständnis erwarten.
lytisch“ den freien unzensierten Fallvortrag eines Teilneh- Tatsächlich kann gerade beim depressiven Patienten die Arzt- mers aus dessen Berufsalltag im „raumgebenden“ Wechsel- Patienten-Beziehung als Dreh- und Angelpunkt betrachtet gespräch unter Zuhilfenahme des Instrumentariums, das jeder hat: die eigene Person mit ihrer emotionalen Erfah-rung und der angeborenen intuitiven Fähigkeit, in dem sie aufgreift, was „atmosphärisch in der Luft liegt“. Die eigenen Es steckt schon im Wort „Depression“, dass Menschen in ei- freien Assoziationen hierzu verschaffen Zugang zum unbe- ner solchen Lebensphase – erst recht, wenn es sich durch wussten Geschehen, der „schwierige Fall“ ist so mittels des das ganze Dasein zieht – von Selbstzweifeln umgetrieben Berichtenden in der Gruppe anwesend, sein Problem, seine werden und geplagt sind von dem Gefühl der Minderwer- Fragen, wie auch die des Berichtenden werden zum Pro- tigkeit. Ihr schwaches hilfloses „(Kindheits-) Ich“ ist fast blem und den Fragen der Gruppe, auf die es keine absolut suchtartig und anklammernd um jedes „Objekt“ bemüht, richtigen oder falschen Antworten geben kann - nur sub- welches (seelische) Nahrung, Schutz und Halt in vermeint- jektive Momentaufnahmen und Prognosen, die, im Nach- lich existentieller Bedrohung erhoffen lässt. Der „Gott in hinein vom Betroffenen überprüft, sich überraschend oft Weiß“ bietet hier – wie immer völlig unbewusst und ab- sichtslos - eine ideale Projektionsfläche für idealisierende Überdies ist die Methode durch aktuelle neurowissenschaft- Übertragungen dieser Art und beantwortet meist unbewus- liche Ergebnisse als wirksam bewiesen: ähnlich wie die Ner- st solche Wünsche mit eigenen Gegenübertragungen, in- venzellverbände im menschlichen Gehirn aus wiederholten dem er/sie in die Rolle von Eltern, älteren Geschwistern oder Wahrnehmungen komplexe Bewusstseinszustände und Kon- zepte bahnen, wird der Fallbericht von der Gruppe nach Um dies anschaulich zu machen, ein Beispiel aus einer Ba- Merkmalen abgesucht, für die aus der jeweils eigenen bis- herigen Lebensgeschichte jedes Einzelnen passendes Mate- Eine Studenten-Balintgruppe (10 Semester), in Kiel unter rial („Bahnungen“) auch für Lösungen vorliegt. meiner Leitung:Der angehende Kollege berichtet von seiner Patientin, dieihn sehr beschäftigt, seitdem sie, ohne Zeichen von Angstoder Schmerz, bei geringstem Anlass schon bei Behandlungs-beginn zu weinen beginnt. Fragen und Spekulationen derGruppe, verbunden mit dem Bericht, den Antworten undKorrekturen des Kollegen bringen die Mosaiksteine: voran-gegangene Scheidung, Wunsch nach Zuwendung, Wunschan den Behandler, er solle (alle) Probleme lösen. Idealisie-rung auch in der Behandlung. Der Kollege fühlt sich - vor der Balintgruppe - mit seinem„Latein“ am Ende, spürt Abhängigkeiten der Patientin ge-genüber, die Angst, in jeder Weise versagen zu müssen.
Durch die Bilder aus der Gruppe erfährt er sich (sekundäreSelbsterfahrung) nebeneinander als ungefährliche Vertrau-ensperson, Ehemann-Ersatz und jugendlicher Liebhaber,auch als Sohn einer depressiven Mutter (Patientin mit de-pressiver Struktur und Abhängigkeitsproblematik). . Seine Kompetenz wird erweitert, indem er erkennt, • welche Rolle er für sich annehmen kann und wie er der Michael Balint, Ungarischer Psychoanalytiker und Therapeut Patientin mit Einfühlung, Vertrauen und Zuwendung entwickelte die Methode in den 50-er Jahren, weil er ent- deckte, dass diejenigen, die helfend tätig sind, keineswegs • wo aber auch seine Grenzen (noch) sind, immer über die Stärke und das Maß an seelischer und kör- • wo und wie er eine „Überweisung“ (letztlich auch ein perlicher Gesundheit verfügen, wie sie selbst glauben „Wegschicken“) zur Psychotherapie ohne erneute Trauma- (machen). - Sie besteht nur relativ im Vergleich zum Hilfs- tisierung der Patientin anbahnen könnte und müsste, bedürftigen, verbunden mit hoher seelischer Ansteckungs- • welche der übertragenen Rollen und Aufgaben er nicht gefahr seitens der Konflikte, die der Patient in seiner Krank- übernehmen kann oder will (Sohn, Liebhaber, Ehemann, heit kanalisiert und in die Arzt-Patienten-Beziehung hin- einträgt, gefolgt von Verstrickung, Hilflosigkeit und Burn-Out.
• welche Abhängigkeiten losgelassen werden können, 8 bis 12 Teilnehmer einer Berufsgruppe treffen sich verbind- • welchen Idealisierungen dringend entgegengewirkt werden lich und regelmäßig, z.B. 3 mal im Jahr über mindestens 2 muss, um unausweichliche Enttäuschungen („Koryphäen- Jahre oder als berufsbegleitende Supervision.
ZAHNÄRZTLICHENACHRICHTENNIEDERSACHSEN 8+9/05 Ganz allgemein wird in der Arzt-Patienten-Beziehung also – wie im „richtigen Leben“ - entweder der schwächere (Pa- tient) in dieser Rolle haften bleiben, seine oft diffusen Be- schwerden chronisch als „Dauer-Abo“ für die Praxis be- = Unfähigkeit, Gefühle als solche auszudrücken nutzen, in der er „auf Chipkarte“ alle (Ersatz-) Zuwendungen beziehen kann, die sein Leben bisher entbehren musste, und gleichzeitig die Angst vor jeglicher „Auseinandersetzung“ im doppelten Wortsinn (Angst vor Trennung und „Liebes“- Entzug) vermeiden, oft verbunden mit wachsenden An-sprüchen aus Verwöhnung und Bequemlichkeit, oder aber Vereinfachend ließe sich erklären, dass ein in seiner Schmerz- es kommt im Bemühen um Selbständigkeit („Erwachsenen- haftigkeit nicht mehr erträglicher seelischer Schmerz oder
Ich“) und Aufwertung zum pubertätsähnlichen „Denkmal- Konflikt verschoben wird auf eine körperliche Ebene, weil
sturz“ bis hin zum Rollentausch, indem sich der Arzt als • damit dem Prinzip sozialer Erwünschtheit Rechnung bedroht, abgewertet und hilflos erlebt gegenüber einem plötzlich missgünstigen und nörgelnden, seine „Symptom- • psychische Erkrankungen als Makel und weit gefährlicher klage“ als Verschiebung seiner Anklage an die früher ent- als körperliche Erkrankungen gelten, sind letztere doch täuschenden Beziehungsobjekte nutzenden Patienten, der letztlich so seine Trauer und Neid wegen seines noch unge- • meist klarer verständlich, zuordnungsfähig und in ihrer lebten Lebens am Arzt ausagiert. Das führt letztlich – oft Verantwortung eher dem behandelnden Arzt übertragbar begleitet von erheblichen rechtlichen und wirtschaftlichen als Neurosen, deren Lösung selten ohne schmerzvolles Folgen – zum Ende der Arzt-Patienten-Beziehung, worauf- Hinsehen auf die eigene Lebensgeschichte, die eigene hin sich der Patient – jetzt wieder vom Täter zum Opfer re- Person und deren Verantwortung zu veränderndem Han- gredierend - einen neuen Arzt sucht, bei dem sich der Zyklus häufig wiederholt - nach statistischen Erkenntnissen bis zu • Gerade der depressive Patient folgt so auch einem erlern- 7 Jahre („pain-games, doctor-shopping“). Seine somatofor- ten Muster, psychische Belastungen und Bedürfnisse me „Eintrittskarte“, der wir uns nun zuwenden wollen, hat strikt abzuwehren und aggressive Impulse an das Bezie- hungsobjekt oral fordernd in körperliche Klagen zu ver-packen (Larvierung).
" Somatisierung – ein Buch mit 7 Siegeln? • Die zu erwartende Frustrierung (Ohnmacht der Ärzte) bestätigt dann immerhin das Weltbild des Depressiven: Definition Psychosomatik:
Die Welt ist schlecht (auch anhaltende Enttäuschungen Psychosomatische Medizin ist die Lehre von den körperlich- verleihen durch ihre Beständigkeit immerhin Sicherheit).
seelischen Wechselwirkungen (in beide Richtungen!) in derEntstehung, im Verlauf und in der Behandlung von mensch- " Zahnärztlich-Psychosomatische Krankheitsbilder lichen Krankheiten. Sie muss ihrem Wesen nach als perso- Orale Parafunktionen (Trost-Kontroll-Aggressionsfunktionen)
nenzentrierte Medizin verstanden werden.
Dysgnathien: als somato-psychischer Konflikt
Die grundlegende Vorstellung dabei ist, dass unerträgliche Prothesenunverträglichkeit: mangelnde Adaptation von
seelische Konflikte „somatisiert“ werden, wobei der größe- Zahnverlust und Zahnersatz (mangelnde Verarbeitung von ren sozialen Erwünschtheit von körperlichen Krankheiten Altern und Veränderung sozialer Kompetenz) gegenüber seelischen Erkrankungen unbewusst Rechnung Gesteigerter Würge- und Brechreiz (Ekel, Rauchen, Alko-
hol, Makroglossie, Protest gegen Zahnersatz oder ähnliches,Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikte, Abwehr In welcher Gestalt kommen nun solche „Trojanischen Pfer- de“ in die (zahn-) ärztliche Praxis, wie erkennen wir sie, und Psychogenes (chronisches) Schmerzsyndrom:
wie können wir die unbewussten Mechanismen verstehen? Dabei gibt es unterschiedliche Erklärungsmodelle für die Verwandlung einer psychischen in eine somatische Erkran- (Schutz, Zuwendung, Vermeidungen Schuldentlastung, Theorie der Psychosomatischen Medizin
Bruxismus, Myoarthropatie: Stress- und Aggressionsven-
til, symbolisches Durchbeißen und Verdauen wollen, „Sicher- = direkte Korrelation von emotionaler Spannung Zungenbrennen
Chronische Parodontitis: Schwächen des Abwehrsystems
• Konzept der zweiphasigen Verdrängung Karies und Gingivitis: (als Motivationskrankheiten) ➤
Schon vor etwa 2 Jahrzehnten gab es erste Versuche, auch Bitte beschreiben Sie mir genau, wo überall sie gerade dem Zahnarzt sog. „Positivkriterien“ an die Hand zu geben, mit deren Hilfe dieser frühzeitig erkennen können 2. Kriterium
sollte, wann er von einem „psychosomatischen“ Geschehen Diskrepanz zwischen Chronologie der Beschwerden und
ausgehen und sein Handeln darauf einstellen sollte, um für den uns aus klinischer Erfahrung bekannten Verläufen beide Seiten oft langwierige Fehldiagnosen und -behand- Wann haben diese Beschwerden begonnen, wie • Identifikation des Patienten mit seinen Beschwerden • Auslösung, Verschlechterung und Chronifizierung 3. Kriterium
• übersehen oder gar Anfachen suizidaler Tendenzen – jede Äußerung des Patienten ist hier ernst zu nehmen • Vermeidung eigener seelischer oder finanzieller Belastun- gen (Burn-out, Regresse, Schadensersatzansprüche .) Wenn bis hierhin alle Kriterien negativ bewertet werdenmüssen, kann die Untersuchung beginnen; sind aber ein " Einteilung psychosomatischer Erkrankungen oder mehrere Kriterien positiv oder stellt sich durch Unter- Organkrankh. mit psychosoz. Komp. (F 54) # organ.
suchung eine Diskrepanz zwischen Befunden und dem Befinden des Patienten heraus, so muss das diagnostische = „Psychosomatose“, z.B. CMD, orofaziales 4. Kriterium
Ungewöhnliche Mitteilung des Patienten am Konversionsstörungen (F 44.4-7)
Haben Sie in der letzten Zeit, die Sie soeben angegeben = „Ausdruckskrankheiten“, z.B. Sensibilitätsstörungen, haben, auch noch andere Beschwerden gehabt? Waren Sie früher viel krank? (biographische Anamnese) Somatoforme Störungen (F 45) # Vegetativum
5. Kriterium
Koinzidenz von biographisch-situativem Ereignis = „funktionelles Syndrom“, z.B. Kopfschmerz, Hat sich in Ihrem Leben irgend etwas geändert in der Zeit, - Somatisierungsstörung (F 45.0) = diffus, fluktuierend, polysymptomatisch, z.B. Tinnitus, Hörsturz, Schwindel " Chronische Parodontitis – „Biss“-Verlust - Undifferenzierte somatoforme Störung (F 45.1)- somatoforme autonome Funktionsstörung (F 45.3) Eine der häufigsten Erkrankungen, die uns in der Praxis be- gegnen, ist wohl die chronische Parodontitis, deren auslö- sende Ursache wir mit Recht in der bakteriellen Plaque - sonst. somat. Störungen (Zähneknirschen) (F 45.8) sehen. Schon hier aber lässt sich oft nicht auf den erstenBlick erklären, weshalb bei einigen Patienten schlechte " Wohinter versteckt sich die Depression? Pflege oft nur zu mäßiger Erkrankung führen, während Die wohl wesentlichen Somatisierungen depressiver Grund- andere Patienten vergleichsweise geringe Pflegedefizite teuer bezahlen. Neben genetischen, allgemein-medizinischen Gründen und Unterschieden in der Art der Keimbesiedlung wird zunehmend das Vorhandensein von Depressionen als wesentlicher Faktor diskutiert. Einmal ist leicht nachzuvoll- ziehen, dass es durch eine Reduktion des Antriebs und des Interesses sowie einer Veränderung von Stimmung undAffekt zu einer Vernachlässigung der Mundhygiene kommen kann (auch für die Entstehung von Karies erscheint dies alsein wichtiger Teilaspekt). Auf neurophysiologischer Ebene führt eine gestörte Vigilanz zu erhöhter Ermüdbarkeit und 1. Kriterium
Aktivitätseinschränkung, und auf der neuroendokrinologi- Diskrepanz zwischen Deskription der Beschwerden und
schen Ebene kommt es über eine Störung der Hypothalamus- Hypophysen-Nebennieren-Achse zu einer Schwächung des ZAHNÄRZTLICHENACHRICHTENNIEDERSACHSEN 8+9/05 Immunsystems. Die Prognose wird zusätzlich verschlechtert " Chronische Schmerzen – wenn die Seele leidet von gesteigertem Rauchverhalten als Ausdruck der oralen Somatisierungen depressiver Neurosen kommen in allen Tönung depressiver Patienten, evtl. auch durch medikamen- Bereichen des Körpers oft mit wechselnden Lokalisationen und Intensitäten vor. Aus bereits genannten Gründen ist Es ist natürlich keine Frage, dass hier die bekannten soma- jedoch der Mundraum gerade beim Depressiven bevorzug- tischen Diagnosen und Therapieansätze unausweichlich ter Darstellungsort innerer Spannungszustände: „Eigentlich, sind, aber es kann schon hier deutlich werden, wie wichtig Herr Doktor, geht’s mir bestens – wenn nur diese unerträg- es in Zukunft werden wird, schon hier zu einer ganzheitli- lichen Schmerzen nicht wären.“ Diese werden dann oft chen psychosomatischen Sicht zu kommen, die frühzeitig umständlich, weitschweifig und mit dramatischen Worten psychogene Anteile und deren Therapie mit einschließt.
geschildert, manchmal sogar kontrastiert von gewinnen-dem Lächeln. Manchmal war der Grundstein für das chroni- " Bruxismus – der verbissene Konflikt sche Geschehen eine harmlose Verletzung, eine sonst schnell Gehen wir einmal davon aus, dass bei üblicher mitteleuro- heilende körperliche Erkrankung, manchmal auch nur eine päischer Ernährung der mechanische Abrieb an den Zähnen diffuse Klagsamkeit, deren organischer Kern ebenso wenig eher gering sein dürfte, und unterstellen wir einmal, dass Substanzverluste durch Fehlstellungen bzw. überbelastende Nicht selten tragen dann die gemeinsame Hilflosigkeit, über- Rekonstruktionen eher auf einzelne Zähne, Zahngruppen spielende, jedoch zunehmend invasive zahnärztliche Wie- und Antagonistenpaare begrenzt sein müssten, und die Zer- derholungsuntersuchungen und Behandlungen wesentlich störung spätestens bei erreichen einer entsprechenden Ni- zur Chronifizierung oder gar Verschlechterung bei – Es vellierung zur Ruhe kommen müsste, dann stellt sich zu- nehmend die Frage, weshalb wir immer häufiger schon bei Patienten im „frühen Mittelalter" zunächst an allen Front- zähnen, zunehmend dann auch an den Molaren Abrasionen leiten, dass da doch etwassein müsse, wenn der Dok- Durch entsprechende Fragestellung erfahren wir dann von „Stress“ verschiedenster Herkunft, wobei sich hinter diesem Begriff nicht selten eine depressive Grundstruktur erkennen lässt: Die Angst, bei offen aggressivem Verhalten, bei Ärger und Wut den Verlust der Beziehungsperson zu provozieren, der masochistische Hang zur Selbstaufopferung, das Zu- sammenspiel von Übergewissenhaftigkeit einerseits und der gestörten Stressverarbeitung wegen Hemmung der freien Aggressionsabfuhr andererseits sind es, die den Depressiven nötigen, heimlich nachts, wenn nicht einmal er selbst es bemerkt und das „Über-Ich“ als Bremse wegfällt, wie unsere Vorfahren das Kinn als markante Drohgebärde dem „Feind“ entgegenzuschieben, und der sich in der Muskulatur man- gels Angriff- oder Fluchtmöglichkeit aufstauenden Anspan- gen mag, so geht es im Wesentlichen doch um die Rationa- nung knirschend eine Abfuhr zu ermöglichen. Leicht ver- lisierung einer Angst: Das Verlassen der körperlichen Ebene stehbar, dass dauerhafte Belastungen dieser Art dann nicht hätte die zunächst schmerzhaftere Konsequenz, sich eben nur die Zahnoberflächen, sondern auch die Kiefergelenk- mit den auf diese Weise abgewehrten unbewussten Kon- flächen, Parodont und Kaumuskulatur unter Dauerstress flikten (oft schmerzhafte Verluste und Einbußen, die als setzen, was letztlich mit chronischen Schmerzzuständen Kränkung empfunden werden) beschäftigen zu müssen – beantwortet werden kann, leicht nachvollziehbar auch, dass besser erscheint da unbewusst, die Verantwortung für die es hier nicht getan sein kann mit Aufbissbehelfen, Einschlei- „Reparatur“ dem Zahnarzt zu übergeben und zudem „Krank- fen oder Rekonstruktionen, die dann womöglich mit einer „Lifetime-Schiene“ geschützt werden müssen.
• Seelische Energie wird dem Konflikt entzogen und erhält Natürlich sollen die üblichen funktionstherapeutischen im Schmerz eine Abfuhr – das innere Gleichgewicht wird Maßnahmen – günstigerweise in Verbindung mit Physio- aufrechterhalten oder wiederhergestellt (primärer Krank- therapie und Entspannungsübungen (progressive Muskelre- heitsgewinn). Tatsächlich ist durch den Schmerz die De- laxation nach Jakobson, evtl. auch autogenes Training), pressivität oft herabgesetzt – der Schmerz wird zum Feedback-Training, Selbstmassagen, evtl. auch Medikamen- te (Muskelrelaxantien, Analgetika) – erfolgen, soweit sie • Der Patient erhält Zuwendung, Rücksichtnahme und Er- nicht zu Polypragmasie oder zu nur noch unterschwelligen leichterungen vom Umfeld, manchmal sogar finanzielle „Leidensdruck“ führen, denn ein dauerhafter Erfolg ist nur Kompensationen oder erreicht frühe Berentung (sekundä- in Verbindung mit Psychotherapie zu erwarten (s. u.).
Einmal mehr wird deutlich, wie viel wichtiger es ist, sich an Hier wird – anders als beim chronischen Schmerz – ohne das Schema der vorgenannten Positivkriterien zu halten und, Umweg nicht nur die depressive Verfassung, sondern eben wenn auch ungewohnt, selbst als Zahnarzt den Patienten auch die Verantwortung direkt dem Zahnarzt übertragen – nach seelischen Belastungen besonders in zwischenmensch- nicht ganz zu Unrecht, sofern dieser unbedacht die Zahner- lichen Kontakten zu fragen, als dem „Maschinenmodell“ ei- satz-Versorgung in die Tal-Phase einer Depression verlegt ner einseitig technisch orientierten Medizin verpflichtet, aus- hat. Unbewusst wollte der Zahnarzt etwas überbrücken, schließlich mit der Lupenbrille auf die „Drei-Punkt-Kontakte“ was so nicht überbrückt werden kann. Zwar kann man den Patienten nicht zustimmen, die ihre Beschwerden und in Nicht selten äußern von chronischem Schmerz geplagte Verwechslung von Ursache und Wirkung auch ihre Depres- Menschen mehr oder weniger versteckte Suizid-Gedanken sivität auf den Zahnersatz beziehen, aber dass der Zahner- oder -Absichten, die in jedem Fall ernst genommen und satz nicht doch eine teilursächliche provozierende Wirkung durchaus konfrontativ und konkretisierend hinterfragt wer- gehabt haben könnte, lässt sich nicht verleugnen. Zu oft den müssen. – Das Verdeutlichen der Tatsache, dass Suizid- lassen sich Provokation oder zumindest Exazerbationen von absicht selten bedeutet, tot sein zu wollen, vielmehr so Depressionen bei Eingliederung von ZE beobachten. Die nicht mehr leben zu wollen, das Durchspielen der Suizid- Frage des Verschuldens hängt letztlich davon ab, ob der handlung in seiner Unumkehrbarkeit und in seiner Bedeu- behandelnde Zahnarzt das ihm in der Praxis angemessen tung für die Angehörigen ermöglicht, verbunden mit einer Mögliche getan hat. Sich Klarheit über die seelische Situa- verbindlichen Übereinkunft oft zumindest rettenden Auf- tion seines Patienten zu verschaffen, z.B. durch eine bio- schub – Zeit, um eine Überweisung zur Psychotherapie psycho-soziale Anamnese-Erhebung, zumindest aber durch schonend vorzubereiten, ist, neben dem abwertenden Ge- das Einbeziehen gezielter Fragen nach dem seelischen Be- fühl des Makels, auch hier jedes Wegschicken gerade für finden bei der Behandlungsplanung, ist einfacher als Pro- depressive Menschen eine mögliche erneute Verletzung blemlösungen im Nachhinein. Oft wird eine Kaskade von durch Trennung. Nur in einer stabilen Arzt-Patienten-Be- Nachuntersuchungen oder gar Nach-Verböserungen einer ziehung kann es gelingen, die körperlichen Symptome auf womöglich regelrechten Versorgung losgetreten – zumeist den verdrängten oder verleugneten Aspekt zurückzuführen, mit gutachterlicher „Unterstützung“, die nicht selten aus nur hier besteht die Chance, dass der Patient bereit wird für einer geringfügigen Abweichung von einer lehrbuchmäßi- eine antidepressive Therapie, also Aufnahme einer aktiven gen Versorgung die vermeintliche Ursache zu erkennen Beziehung zu eigenen Problemen mit dem Ziel, das Leben glaubt, obwohl auch hier der mögliche Befund keinesfalls das Befinden des Patienten erklären kann – mit allen be- Dabei wird es um das Umgehen mit psychosozialen Proble- men, mit dem Schmerz selbst, aber auch um das Bewälti- Dabei ist selbstverständlich die (einmalige!) (Nach-) Prüfung gen der Depression gehen. Speziell die Schmerzbewältigung der Basiskongruenz/Randschluss von Kronen, Kieferrelatio- erfolgt schrittweise über das Protokollieren des Verhaltens nen/Okklusion, evtl. auch ein Allergietest bei entspr. Symp- und der Gedanken hinführend zur Schmerzakzeptanz und zu Bewältigungsstrategien. Dazu gehören dann Entspannung Ein gewisser „Unschuldsbeweis“ – der aber wegen Gefähr- auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene, verbunden dung der Arzt-Patienten-Beziehung nicht dem Patienten mit Selbstbeobachtung und dem Erlernen, auf Schmerz nicht vorgelegt und als Hinführung zu anders gearteten thera- mehr mit Anspannung zu reagieren, sowie eine Wahrneh- peutischen Ansätzen genutzt werden kann, ja den Patien- mungslenkung weg von furchtsamer Erwartung und Kon- ten möglicherweise in seiner Sicht bestärkt, es handle sich zentration auf den Schmerz hin auf positive Erlebnisse oder um zu behebende ZE-Mängel, die immer wiederkehrende Aktivitäten. Medikamentöse Unterstützung geschieht ärzt- Behandlungen nach sich ziehen – liegt in „erfolgreichen“ licherseits meist durch Antidepressiva, unterstützt evtl. von Placebobehandlungen – Vitamintabletten helfen statt Schmerztabletten, Vaseline ersetzt anästhesierende Salbe,Fräser im Linkslauf und Kühlung der Prothese lassen Druck- Nicht zu unterschätzen, weil gerade auch für den Zahnarzt Überzeugender sind Testbehandlungen wie reversible provi- oft mit dramatischen Folgen, sind Projektionen depressiver sorische Unterfütterungen oder Eingliederung weicher Neurosen, besonders von deren phasischer Exazerbation auf Schienen. Sind (erneut) unlogische Befindlichkeiten des Pa- Zahnersatz, dessen Eingliederung dann geradezu zum Kri- tienten festzustellen, reagiert dieser mit Fluktuation der stallisationspunkt werden kann. Auch hier geht es unbewusst Beschwerden oder empfindet er schon den Versuch als Zu- darum, depressive Affekte wie z.B. innerer unerträglicher mutung, kann von primär psychogenen Beschwerden aus- Leere zu vermeiden zugunsten körperlicher Beschwerden, die gegangen werden, die rein zahnärztlichen Maßnahmen ge- dann gleichsam zur Eintrittskarte in die Praxis werden. Na- türlich kann – ja darf – der Zahnarzt den Ansprüchen desPatienten keinesfalls gerecht werden, sondern muss erfolg- Eine Überleitung der Behandlung in psychotherapeutische los, hilflos und ohnmächtig gegenüber dem somatisierten Hände gestaltet sich nicht nur deshalb schwierig, weil dies in Deutschland noch immer als Makel gilt, sondern auch, ZAHNÄRZTLICHENACHRICHTENNIEDERSACHSEN 8+9/05 weil der Patient so das Objekt seines o. g. primären Krank- technisch-somatischer Prägung hin zu einer ganzheitlichen heitsgewinnes verliert. Zudem hat er bereits viel Geld, Zeit bio-psycho-sozialen Patienten-Sicht.
und auch frustrierte Hoffnungen investiert, die abzuschrei- Dazu gehört auch so etwas wie „eigene Menschwerdung“ – ben er nicht unbedingt geneigt ist. Was kann jetzt noch ge- wer nicht in der Lage ist, zum „Nach-Beeltern“ eines ande- schehen, damit sich der Patient weder betrogen noch abge- ren – speziell depressiven - Menschen, ihn bildhaft gespro- chen, auch nur mit Worten in den Arm zu nehmen, ist in Ein erster Schritt sollte im Versuch einer – wenn auch ver- der geforderten Arzt-Patienten-Beziehung eher eine Fehl- späteten – Kontaktaufnahme mit dem Vorbehandler beste- hen, vielleicht auch in dem Versuch, über ein vertrauens- Das Ziel muss also eine Professionalität durch Weiterbildung volles Gespräch z.B. durch eine geeignete Mitarbeiterin von und -entwicklung sein, die sich versteht als eine am Gemein- persönlichen Hintergründen des Patienten etwas in Erfah- wohl ausgerichtete Handlungsorientierung, die zur Habitu- alisierung der Selbstkontrolle und schließlich zu einem hohen Ergeben sich dabei Hinweise, dass seelische Belastungen vor- Ausmaß an Autonomie zur Bestimmung und Lösung von liegen und Sie erfahren zudem, dass schon der vorbehan- professions-relevanten Problemstellungen führt auf fach- delnde Kollege womöglich mit ähnlichen Schwierigkeiten lich-organisatorischer, aber auch kultureller, sozialer und zu kämpfen hatte, dann lässt sich im günstigsten Fall dem individueller Ebene. Dabei darf der einzelne Zahnarzt nicht Patienten verdeutlichen, dass nicht zwei Zahnärzte unab- hängig voneinander die selben „Fehler“ gemacht haben Hochschule wie wissenschaftliche Vereinigungen müssen können, und es wird eine günstige Weichenstellung zur handlungsrelevantes Wissen vermitteln, Verbände müssen Überweisung möglich. Nicht selten aber muss der betroffe- Unterstützung für die Umsetzbarkeit anbieten, denn fach- ne Zahnarzt sein Schicksal erst einmal in die Hände eines liche und ethische Forderungen haben niemals Bestand im Gutachters geben und darauf hoffen, dass dieser keinem anderen Interesse und Auftrag folgt als festzustellen, ob die Sollen Lehre und Forschung einerseits wie Ausbildung, Fort- vom Patienten beschriebenen Beschwerden einem passen- und Weiterbildung andererseits mehr sein als eine Art aka- den technischen bzw. somatischen Befund zuzuordnen sind.
demisch-wissenschaftliche Selbstdarstellung und -befriedi- Findet auch dieser keinen solchen Zusammenhang, wird es gung, muss alles Tun in einen rechtlichen und wirtschaftli- zumindest möglich, dem Patienten glaubhaft zu machen, chen Rahmen gestellt werden. Der verantwortungsvoll dass es zu seinen Beschwerden keine technischen oder kör- handelnde psychosomatisch tätige Zahnarzt muss sein Tun perlichen Befunde gibt, und ihn zu fragen, ob ihn diese Aus- nicht nur in eigener Qualifikation abgesichert wissen, son- kunft zufrieden stellt oder ob er dazu mehr wissen möchte.
dern auch im Zuspruch von Kompetenz und Handlungser- Bejaht er dies, ist es möglich, eine eigene Hypothese zu laubnis. Er muss zu seiner existentiellen Sicherheit seinen denkbaren seelischen Ursachen anzubieten, wobei „Stress“, hohen Aufwand an Zeit auch betriebswirtschaftlich ange- weil als ubiquitär vorhanden, bekannt ist und als Hinweis messen ausgeglichen erfahren können.
für Fleiß gewertet, ein Türöffner darstellen kann für den Helfende und heilende Tätigkeit muss wieder in einen ge- Vorschlag, nach „professioneller Hilfe“ zu suchen. Für besser sellschaftlichen Kontext gestellt werden. – Jene, gerade auch hielte ich es, wenn Zahnärzte im Sinne einer „psychsomati- in den neuen Bundesländern noch vorhandenen Sichtwei- schen Grundversorgung“ solches anbahnen könnten.
sen gilt es zu unterstützen, die neben einem um sich grei- Wie bei allen vorgenannten somatoformen Störungen muss fenden Neo-Liberalismus noch Werte setzen, die im Men- das Ziel eine erfolgreiche Überweisung sein, im Regelfall schen mehr sehen als seinen Marktwert und in seiner Ge- zum Facharzt für Psychotherapie und Psychosomatik, der sundheit mehr als eine Frage von Kapital.
die Behandlung weiterführt in einer Kombination aner-kannter Psychotherapie (tiefenpsychologische Psychothera- pie, Verhaltenstherapie oder Gesprächs-Psychotherapie) mit Medikamenten, wobei in letzter Zeit die selektiven Seroto- nin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) wie z.B. Zoloft ® oder Citalopram ® zunehmenden Stellenwert gewonnen haben.
" Schlussfolgerungen/KonsequenzenWenn schon vor zwei Jahrzehnten Prof. Müller-Fahlbuschals einer der „Urväter“ zahnärztlicher Psychosomatik fest-stellte, dass es unmöglich sei, zu wählen, ob man „Psychago-gisch“, wie er es nannte, handeln möchte oder nicht, viel-mehr einzig, ob man es denn förderlich oder schädlich tunmöchte, dann ergibt sich zweifelsfrei zunächst für jedeneinzelnen Zahnarzt die Herausforderung, nach Möglichkei-ten in Fort- und Weiterbildung (Curricula) zu suchen, dieheraushelfen aus der Schmalspur-Zahnmedizin einseitig

Source: http://www.balint-stoffel.de/ueberuns/texte/stoffel_depressiv.pdf

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Alternative Cosmology Group Press Advisory July 9, 2009 For immediate release Press contacts: Eric Lerner 908-898-1048 [email protected] Richard Lieu 256-226-7225 [email protected] Growing mass of evidence challenges “concordance cosmology” but elicits no response. Why the Silence? In the past year, but particularly in the past three months, a gro

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