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Yang Sheng - Chinesische Lebenspflege und -weisheit für den Alltag Das Lied von der Langlebigkeit zehn alter Männer: Einst spazierte ein Wanderer die Küste entlang und begegnete dort zehn alten Männern. Sie alle waren über 100 Jahre alt, aber ihre Vitalität (Jing Shen 精神) war außergewöhnlich erregend. Aufrichtigen Herzens fragte der Wanderer: „Wie erreicht man ein so langes Leben?“ Der erste Alte zwirbelt seinen Bart und sagt: „Ich rauche und ich trinke nicht!“ Der zweite Alte lächelt freundlich und antwortet: „Nach dem Essen gehe ich 100 Schritte!“ Der dritte Alte nickt wiederholt und sagt: „Ich strebe nicht nach Ruhm und Wohlstand und esse nur vegetarisch!“ Der vierte Alte stützt sich auf seinen Holzstock und sagt: „Ich gehe lieber zu Fuß anstatt im Wagen zu fahren (zu reiten)!“ Der fünfte Alte krempelt seine Ärmel hoch und sagt: „Ich bin es gewohnt, körperlich zu arbeiten!“ Der sechste Alte bewegt seine Arme und Beine und sagt: „Ich übe täglich Tai Ji Quan!“ Der siebte Alte berührt seine mächtige Nase und sagt: „Meine Fenster sind immer offen, damit das Qi (frische Luft) hindurchgehen kann!“ Der achte Alte streicht über seine roten Wangen und sagt: „Ich genieße das Sonnenbaden auf meinem Gesicht!“ Der neunte Alte streicht sich über seinen Schnurrbart und sagt: „Ich stehe früh auf und gehe früh ins Bett!“ Der zehnte Alte zieht seine Augenbrauen hoch und sagt: „Ich schwinge gelassen mit der Musik hin und her und halte mich von Sorgen frei!“ Wie wunderbar sind die Aussagen dieser zehn alten Männer! Schritt für Schritt erklären sie die Geheimnisse eines langen Lebens. Wer diese zehn Regeln befolgt, wird sich sicher eines langen Lebens erfreuen
Einführung: Lebenspflege, chin. YangSheng 養 生 , ist eines der wichtigen menschlichen Anliegen jeder Kultur zu jeder Zeit. Ziel der Lebenspflege war und ist es, sein Leben so zu führen, das man auch im Alter gesund und vital bleibt, Krankheiten verhindert und ein langes Leben erreicht. Für den ganzheitlich ausgerichteten Therapeuten ist hier ein weites Feld gelegt, mehr als nur ein Verwalter von Krankheiten seiner Patienten zu sein. Als Lebensberater möchte der Therapeut den Patienten aktiv in seinen Heilungsprozess einbeziehen und ihm Mittel in die Hand geben, seine Therapie mit zu gestalten. Die Idee einer gesunden Lebensführung (Diät, gr. διαιτα) ist auch im Westen bereits in der alten griechischen Medizin des Hippokrates 1 enthalten. Relativ zeitgleich mit der frühen chinesischen Medizin bildete sie die Grundlagen unserer westlichen naturheilkundlichen Medizin. Auch hier war es notwendig für ein gesundes und langes Leben, seine Lebensweise der Natur entsprechend auszurichten. In Gegensatz zum Westen haben sich viele Elemente des Yang Sheng bis heute im kulturellen Gedächtnis der Chinesen gehalten und werden im Alltag angewendet. In meinem Artikel möchte ich aufzeigen, dass viele Aspekte der chinesischen Lebenspflege auch für unseren Alltag anwendbar sind. Wir werden sehen, dass es einfache Richtlinien dafür gibt, die bereits unsere Eltern und Großeltern praktiziert haben. Historisches: Der Ursprung der chinesischen Lebenspflege Yang Sheng ist so alt wie die chinesische Kultur selbst. Bereits in der Zhou-Dynastie (770 - 470 v. Chr.) gab es die Trennung von magischer und ärztlicher Medizin und in der Person eines Diätarztes einen Ratgeber für Gesundheit und Lebens-pflege. Der Speisearzt wirkte beratend an den Königs- und Fürstenhäusern des alten China und galt als Experte für eine gesunde Diät = Lebenspflege. Im ersten systematischen Klassiker der Medizin, dem Huang Di Nei Jing (ca. 300 v. Chr.), sind besonders in seinem Teil „Grundlegende Fragen“ (Su Wen) viele Theorien und Methoden der Gesundheitserhaltung beschrieben (siehe unten). 500 Jahre später führte der berühmte Arzt Hua Tuo gezielte Bewegungsübungen ein.
1 Vergl. Kapferer/Sticker: Die Werke des Hippokrates, Band I, Kapitel 4, „Über die Diät“, Stuttgart 1933.
Er gilt als Begründer und Vater der chinesischen Heilgymnastik, des Tai Ji Quan und des Qi Gong. Er studierte die Bewegungen von Tiger, Bär, Affe, Hirsch und Kranich und entwickelte daraus eine berühmte Qi Gong-Übung, die er das Spiel der 5 Tiere nannte. Diese hält die Muskeln kräftig und geschmeidig und regt die Blutzirkulation an. Hua Tuo sagt: „Der Mensch braucht körperliche Übungen, aber er soll sich nicht überanstrengen. Bei täglicher Bewegung ist die Verdauung perfekt und Qi und Blut zirkulieren geschmeidig. Dann kann keine Krankheit auftreten. Ebenso wie fließendes Wasser nicht fault, und Türangeln, die immer bewegt werden, nicht von Holzwürmern angegriffen werden“.2 Schließlich ist aus der Antike noch Zhang Zhong Jing zu nennen, der etwas später als Hua Tuo ebenfalls die Bedeutung des Yang Sheng hervorhob. In seinen „grundlegenden Verschreibungen aus der goldenen Truhe“ (Jin Gui Yao Lue) finden wir die Aussage: „Wenn Deine Gliedmaßen schwer und unbeholfen sind, praktiziere Dao Yin-Übungen3, Tuina und Akupunktur. So verhinderst Du, dass sich die 9 Körperöffnungen verschließen. Außerdem sollte man nicht die Regeln des Zusammenlebens (Li 禮) überschreiten, und vermeiden, von giftigen Tieren gebissen zu werden oder Unfälle zu haben. Man sollte weiter sein Sexualleben regulieren, passende Kleidung zu jeder Jahreszeit tragen und eine ausgewogene Diät hinsichtlich der 5 Geschmacksrichtungen einhalten. Auf diese Weise bleibt man bei guter Gesundheit, und verhindert, das pathogene Faktoren von außen in den Körper eindringen können!“4 Methoden der Lebenspflege: In einem modernen Chinesisch-Deutschen Wörterbuch finden wir für die beiden Begriffe: Yang 養: ernähren, aufziehen, pflegen, gebären, sich erholen, in einem guten Zustand erhalten; Sheng 生: Leben, lebendig, wachsen, gebären, geboren werden, roh, noch nicht verarbeitet;
2 Zitiert in: Autorenkollektiv: Health Preservation and Rehabilitation, , Publishing House of Shanghai College of Traditional Chinese Medicine, Shanghai 1990, S. 8. 3 Dao Yin 導引 ist die antike Bezeichnung für Atem- und Bewegungsübungen, die man heute Qi Gong und Tai Ji Quan nennt. 4 Zhang Zhong Jing: Jin Gui Yao Lue = Synopsis of Prescriptions of the Golden Chamber, ins Englische übersetzt von Luo Xiwen, Beijing 1995, S.11 f.
Als Binom bedeutet YangSheng 養生: auf seine Gesundheit achten, eine gesunde Lebensführung. Nach dem ältesten chinesischen Ordnungsprinzip Himmel – Mensch – Erde sind es Einflüsse aus diesen drei Sphären, die auf den Menschen einwirken und die es gilt, in einem dynamischen Gleichgewicht zu halten. Wir haben hier die ursprüng- lichste Definition für Gesundheit in der Chinesischen Medizin (CM)! 1. Kultivierung des Geistes (Tiao Shen 調神): a) Befreie Dich von Gier, Habsucht und übermäßigem Begehren! Gerade in unserer heutigen Zeit bilden diese Drei unsere grundlegenden Übel. Angestachelt durch gesellschaftlich erwünschtes und medial gepuschtes Konsumverhalten hängen wir am Warenfetischismus des Spätkapitalis- mus. Unsere Identität hängt scheinbar an käuflichen Dingen und Waren, sie geben uns das Gefühl, nie genug zu haben. So sind wir dann auch nie zufrieden. Mehr, immer mehr soll es sein, aber ebenso wie im Großen ein ungezügeltes Wirtschaftswachstum ist im Kleinen eine ungebremste Zellteilung ein Krebsgeschwür! Was wirklich wichtig ist im Leben, erfahren viele erst, wenn sie eine schwere Krankheit (Krebs?) haben. Aber warum erst dann den Geist kultivieren, wenn der Körper rebelliert? In einer materialistischen Gesellschaft, in der Haben das Sein verdrängt hat, ist es für unseren Geist sicher schwerer geworden, zur Ruhe zu kommen. Aber das Wesentliche gibt es (immer noch) umsonst: Atme tief, iss nur, wenn Du hungrig bist, trinke klares Wasser und erfreue Deinen Geist mit schönen Dingen aus der Natur. Halte inne und haste nicht nur durchs Leben. Nimm Dir jeden Tag eine Stunde zur Pflege und Ruhe Deines Geistes. Sitze und meditiere, höre schöne Musik oder lass Dich auf ein entspanntes Gespräch ein. Johann Wolfgang von Goethe sagt dazu: „Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Wort sprechen.“5 Damit ist eigentlich alles gesagt. Aber unser tägliches Kopfkino hindert uns oft daran, eine solche Muße zu erleben. Warum habe ich so eine schlechte Kindheit gehabt, was soll nur aus mir werden, warum sind nur alle so gemein zu mir? Die Vergangenheit ist Geschichte, die Zukunft eine Fiktion, nur die Gegenwart ist real. Ich weiß nicht, wer das gesagt hat, aber ist nicht dieses ewige Grübeln und Festhalten an Vergangenem ein weiteres Hauptübel, das uns vom realen Leben fernhält?
5 Zitiert in: Alle Tage ein Gedicht – 365 lyrische Momente, ausgewählt von Nele Holdack, Berlin 2012.
Zufriedenheit orientiert sich an der Gegenwart – Glück lässt sich täglich in den kleinen Dingen des Lebens finden! In der chinesischen Medizin erkennen wir beim ständigen Grübeln eine desolate Milz, die mit der Reizüberflutung von außen nicht mehr fertig wird und nicht mehr erkennt, was Nährendes und was Wertloses ist. Die Assimilation und Integration von Fremdeinflüssen versagt hier! Ist die Mitte einmal verloren, verläuft das Qi schräg und sucht verzweifelt eine Haftung im Äußeren. b) Die Befreiung von weiteren sechs Übeln, nämlich Ruhm, Reichtum, ausschweifender Lebensstil, Schmeichelei, Arroganz und Eifersucht schlägt in die gleiche Kerbe. All diese Dinge verhindern, dass der Geist ruhig wird und sich entspannen kann. Ständig denken wir daran, was wir noch leisten müssen, um Ruhm und Anerkennung zu erlangen, wie wir reich werden können bzw. ob unser Geld sicher angelegt ist, ob wir noch sexuell begehrenswert sind, was uns den nächsten Kick geben kann, wann es wieder was zu essen gibt, ob wir noch geliebt werden bzw. was wir dafür tun müssen. Wir dünken uns besser als der Andere und sind eifersüchtig auf die Erfolge/Statussymbole unseres Nachbarn. So machen wir uns ständig Sorgen, sind angespannt und nervös und verlieren unsere wertvolle Essenz. So altern wir vorzeitig und verkürzen unser Leben! c) Nicht alles sehen und hören wollen: Entgegen der Multitasking-Ideologie ist es gesünder, sich immer nur auf eine Sache zu konzentrieren! Wir müssen nicht gleichzeitig essen, fernsehen und uns unterhalten! Zu viele Sinneseindrücke stumpfen die Sinne ab, sie schädigen unsere Aufmerksamkeit und unser Differen-zierungsvermögen und sorgen dafür, dass wir zu Nichts und Niemanden wirklich Kontakt haben. Und wer z. B. immer nur über Sexualität hört, sieht oder liest, wird seinen gedanklichen Fokus und sein Streben auch nur darauf legen! Lao Zi sagt dazu: Die 5 Farben täuschen die Augen der Menschen, die 5 Töne betäuben die Ohren der Menschen, die 5 Geschmacksrichtungen übersättigen die Gaumen der Menschen, eilen und rennen macht, das die Herzen der Menschen wie toll werden. Schwer zu erlangende Güter führen die Menschen in Versuchung. Deshalb der Weise: Er lebt für das Innere und nicht für das Äußere. Das eine meidet er, das andere wählt er bewusst aus!
2. Regulierung der Emotionen und Leidenschaften (Tiao Qing 調情)
Bewahre ein ausgeglichenes Temperament! Gefühle sind natürliche Reaktionen auf Reize aus der Umwelt. Sie zu unterdrücken ist ebenso schädlich als sie exzessiv auszudrücken! Natürlich ist das Regulieren der Gefühle kulturabhängig. Wenn ein alter konfuzianischer Gelehrter oder eine dritte Nebenfrau in der Qing-Dynastie sich über die Maßen ärgern oder eifersüchtig sind, ist es von ihrer Kultur aus gesehen unschicklich, ja sogar Ausdruck einer Krankheit. Es stimmt etwas mit ihnen nicht, der gesellschaftliche Kontext wird nicht in Frage gestellt. Die Emotionen in unserer Kultur werden eher gesellschaftlich interpretiert und sind Ausdruck sozialer Kompetenz oder Devianz. Wir haben es aber der Chinesischen Medizin zu verdanken, dass Emotionen als Ausdruck einer Qi-Bewegung verstanden werden können. So lassen Wut und Ärger das Qi emporsteigen – gespannte Muskeln, eine laute Stimme, ein funkelnder Blick – wer wagt sich dem schon entgegenzustellen? Freude entspannt das Qi – wir lachen und fühlen uns wohl in der Gesellschaft – Es gibt keinen Grund sein Herz zu verschließen! Nachdenken verknotet das Qi – die Aufmerksamkeit oder das Qi richtet sich auf das Wesentliche – wie kann dann ein Problem ungelöst bleiben? Traurigkeit zerstreut das Qi – Tränen fließen, die Atmung vertieft sich und das Qi der Lunge findet seinen Rhythmus wieder – so kann der Verlust überwunden werden und neue Inspiration erfolgen! Angst lässt das Qi absinken – Freund oder Feind? Fight or Flight? – So können wir unserem Nieren-Qi vertrauen, ob wir mit sicherem Stand kämpfen oder mit flinken Beinen fliehen können! Wenn also Emotionen der Situation adäquat ausgedrückt werden, dann fördert es die Gesundheit. Aber viele Dinge lassen sich nicht (ohne Weiteres) verändern. Sich immer wieder über etwas zu ärgern schwächt das Leber-Yin! Sun Si Miao sagt: „Selbst wenn Dich etwas wirklich ärgert, solltest Du daran denken, was wichtiger ist – das was Dich ärgert oder Deine Gesundheit! Aber: Ärger ist die Emotion, die am schwersten zu kontrollieren ist!“6 Jeden Tag einmal herzlich zu lachen sorgt für emotionale Entspannung und stärkt das Herz! Täglich eine Bestandsaufnahme zu machen über den Tagesverlauf hilft, das Wesentliche zu erkennen und der Milz, uns zu nähren. Menschen zu verlieren ist traurig; ebenso traurig ist es aber, um jeden Preis an wertlosen Dingen festzuhalten. Wie soll dann ein Wandel stattfinden? Eine volle Tasse kann nichts Neues aufnehmen!
Angst zu haben ist Bestandteil unserer menschlichen Existenz. Sie hilft uns, abzuschätzen, ob etwas gefährlich oder ungefährlich für uns ist. Viele Menschen leiden aber unter irrationalen Ängsten, die ihren Handlungsraum erheblich einschränken. Das Nei Jing sagt:
„Nachdenken kann übermäßige Angst überwinden“ (Su Wen, Kap. 5) – Eine logische und verhaltensorientierte Analyse der angstbesetzten Situation kann die Angst lindern und den Handlungsspielraum erweitern! 3. In Harmonie mit der Natur leben (Tiao He Tian 調和天): Dazu finden wir Grundlegendes im Nei Jing Su Wen im ersten Kapitel. Es trägt die Überschrift: Über die natürliche Lebensweise der Menschen des hohen Altertums: „In alten Zeiten lebten die Menschen nach dem Dao 道. Sie richteten ihr Leben nach den Gesetzen von Yin und Yang aus und lebten im Einklang mit den Zahlen und ihrer Symbolik. Sie mäßigten sich im Essen und Trinken, ihre Wach- und Schlafperioden waren geregelt und ausgeglichen. So hielten die Menschen des Altertums Leib und Seele zusammen und konnten ihre Lebensspanne vollständig erfüllen. So konnten sie 100 Jahre alt werden. Die Menschen heute sind anders: Sie trinken übermäßig Alkohol und leben leichtsinnig und rücksichtslos. Sie üben Geschlechtsverkehr in betrunkenem Zustand aus und erschöpfen damit ihre vitale Essenz (Jing 精). Sie wissen nicht, wie sie in innerem Frieden leben und ihren Geist (Shen 神) pflegen können. Ihre ganze Aufmerksamkeit ist darauf ausgerichtet, ihren Leidenschaften nachzugehen. So beschneiden sie sich selbst von den Freuden eines langen Lebens. Ihr Aufstehen und Schlafen ist ohne Regelmäßigkeit. Deshalb erreichen sie nur die Hälfte ihrer Lebensspanne und werden früh hinfällig.“ Dem ist auch heute nichts hinzuzufügen! 4. Richte Deine Geist nach den vier Jahreszeiten aus! (Si Shi Jie Qi Tiao Shen 四時節氣調神) Diese Überschrift trägt auch das 2. Kapitel des Nei Jing Su Wen. Es soll uns dazu dienen, diesen Grundgedanken zu verstehen. „Die 3 Monate des Frühlings nennt man beginnende Aktivität und freie Entfaltung. Die Vereinigung von Himmel und Erde bringt jetzt neues
Leben hervor. So können die 10.000 Wesen aufblühen und sich entfalten. Gehe des Nachts zur Ruhe und stehe früh auf. Durchschreite mit langen Schritten den Hof, löse Deine Haar und entspanne Deinen Körper. So richtest Du Deinen Geist nach den Prinzipien des Lebens aus! Leben gebären und nicht töten, geben und nicht wegnehmen, belohnen und nicht bestrafen, dies entspricht dem Qi des Frühlings und dem natürlichen Weg, das beginnende Leben zu nähren. Wer sich entgegengesetzt verhält, wird seine Leber schädigen!“ Im Frühling erhebt sich das Yang-Qi nach dem Winterschlaf und bewegt sich nach außen. Ebenso sollte sich unser Yang wieder mehr nach außen wagen. Der frühe Vogel fängt den Wurm, früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will; die frühe Morgenstunde ist ebenso wie der Frühling eine Zeit des Neubeginns, carpe diem – Nutze den Tag! Regelmäßige Morgengymnastik ist nun ebenso ratsam wie das Lockern von zu beengenden Kleidern. Alles, was den Körper entspannt, sorgt für einen geschmeidigen Qi-Fluss. Richte Deinen Geist (Deine Einstellung) auf das Leben aus und nicht auf den Tod, sei freigiebig und tolerant, dann hilfst Du Deiner Leber, gesund zu bleiben und pflegst Deine Gesundheit! Geben ist seliger denn nehmen! Dieses Motto passt zum Frühling und sollte Dein Verhalten in dieser Zeit bestimmen! Hege und pflege Deinen Körper, Geist und Seele ebenso wie die Pflänzchen in Deinem Garten. Alles, was neu beginnen soll, wird im Frühling zur rechten Zeit passieren! Eine sinnvolle Planung, eine neue Richtung im Leben, eine neue Liebe (?) – nur im Frühling geschieht dies alles mühelos! „Die 3 Monate des Sommers zeigen Wohlstand und Überfluss an. Himmel und Erde tauschen ihre Einflüsse und die 10.000 Wesen erscheinen in voller Blüte und Reife. Gehe spät in der Nacht zu Bett und stehe früh auf, genieße die Sonne und das Tageslicht. Lasse im Geist keinen Ärger zu, sondern erfreue Dich an den Schönheiten in der Natur. Bringe Dein Qi nach außen, als ob das, was Du liebst, ebenfalls außerhalb Deiner selbst ist. Dies entspricht dem Qi des Sommers und ist der natürliche Weg, sein Wachstum zu nähren. Wer sich entgegengesetzt verhält, wird sein Herz schädigen!“
Nach dem Winterschlaf und dem Frühlingserwachen kommt die
Sommerzeit, die Präsenz des Feuers, Yang im Yang! Das Leben erreicht seinen Höhepunkt, die Natur zeigt ihre wahre Schönheit und ihren Glanz nach außen. Die Freude und Verspieltheit, mit der uns im Sommer die Natur begegnet, erregt uns und macht uns offen für alle möglichen Begegnungen.
Die Wandlungsphase Feuer ist die Phase der Liebe und Leidenschaft, voller Aufregung können wir uns begeistern, Feuer fangen, Feuer und Flamme sein. Nur im Sommer können wir uns so enthusiastisch auf die Außenwelt einlassen. „Summertime, and the living is easy, fishes are jumping, and the cotton is high, your Daddy’s rich, and your Ma is good looking, so hush little Baby, don’t you cry.“ (Porgy and Bess) Feuer im Menschen ist wie der Sommer für die Natur. Alles öffnet sich, man geht nach außen und erfreut sich an der lebendigen Natur. Der Sommer ist die Zeit der Fülle, der Happenings, Picknicks, Grillfeste und Musikfestivals. Es ist die Zeit zum Spielen, Einladungen zu verteilen und eingeladen zu werden. Alte Freundschaften werden aufgefrischt, neue Kontakte geknüpft. Der Sommer bringt das Feuerelement im Menschen am intensivsten hervor. Die Wärme von außen erwärmt unser Herz und weckt den Wunsch nach Freude, Lachen und intimer Nähe. Die Sonne als wichtigstes Antidepressiva taut unsere Gefühle auf und fördert ihren Ausdruck. Jetzt ist es Zeit zu lachen und fröhlich zu sein, die Freude als Lebensprinzip ist tatsächlich zu spüren. Ein gesundes Feuer vermittelt auf der emotionalen Ebene eine Wärme, bei der man sich wohl fühlt und ohne Angst ist. „Ich bin okay, Du bist okay“, „ich liebe Dich“, „Du gehörst zu mir“, „bleib’ bei mir“ sind Botschaften, die ein natürliches Bedürfnis nach intimer Nähe und Verschmelzung kennzeichnen.7 Der Sommer ist die Zeit für unseren Shen 神 zu strahlen! Als Geist hat der Shen einen richtungsweisenden Einfluss auf den Menschen. Als die aktive, kreative Kraft bestimmt Shen auch unsere Einstellung zum Leben, unsere Begeisterungsfähigkeit und Liebesfähigkeit. Das Gefühl, Teil eines großen Ganzen zu sein, kommt tief aus dem Herzen und gibt unserem Leben Sinn und Kraft. Wir haben den Anderen von Herzen gern, unsere Aufmerksamkeit kommt von Herzen und wir bestellen herzliche Grüße, wenn wir Zuneigung ausdrücken wollen. Einen lieben Menschen behalten wir im Herzen, der Liebsten schenken wir unser Herz und empathische Anteilnahme kommt von Herzen. Beziehungs- pflege sollte am Besten im Sommer geschehen. Dann ist die Kraft unserer Feuerenergie am stärksten!
7 Die Medien sind voll von Schnulzen in Seifenopern (Film) und Liedertexten (Schlager). Jede Sehnsucht, jedes Schmachten, jedes romantische Gefühl wird hier bedient und zufrieden gestellt!
„Die 3 Monate des Herbstes bedeuten Toleranz und Ausgeglichenheit. Das Qi des Himmels wird heftig, das Qi der Erde wird strahlend. Gehe früh zu Bett und stehe früh auf, mache es so wie die Hühner. Achte darauf, das Dein Wille (Zhi 志) sich in friedlicher Seelenruhe befindet, um die harten Strafen des Herbstes zu mildern. Sammle Deine geistige Kraft (Shen Qi 神氣) und balanciere so das Qi des Herbstes. Richte Deinen Willen nicht mehr nach Außen und bewirke, dass Dein Lungen- Qi klar ist. Dies entspricht dem Qi des Herbstes und ist der natürliche Weg, das Sammeln zu nähren. Wer sich entgegengesetzt verhält, wird seine Lunge schädigen!“ Der Herbst mit seinen veränderlichen und heftigen Wetterbedingungen ermahnt uns zu innerer Ruhe und Ausgeglichenheit. Die heftigen Stürme im Herbst erscheinen wie Bestrafungen des Himmels, dem wir nichts als unsere Gelassenheit entgegensetzen können. Der Herbst war im alten China auch die Jahreszeit der Bestrafungen von Kriminellen, - Ob Rübe ab oder Getreideähren ab – alles das Gleiche, die Natur kennt keine Gnade! So obliegt es dem Menschen, mit einer ruhigen und klaren Geisteshaltung die Härte der Bestrafungen im Herbst zu mildern. Nun ist der Herbst aber auch ein Symbol für den Lebensabend eines Menschenlebens. Es ist die Zeit, in der die Früchte vergangener Bemühungen geerntet werden und eine reife Persönlichkeit die Probleme des Lebens in heiterer Gelassenheit ertragen sollte. Die menschliche Struktur ist vollendet, man hat Profil bekommen und Klarheit in seinem Leben. Es ist dies aber auch die Zeit, in der Abschied genommen werden muss; die Kinder gehen aus dem Haus, die eigenen Eltern sterben und Trennung und Verlust hinterlassen eine tiefe Leere und Traurigkeit. In dieser Phase wird der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen und er muss lernen, sein Leben neu zu bewerten und einen anderen Sinn zu geben. Dem Dao des Herbstes folgend, sollte der Mensch lernen, Äußer- lichkeiten (Geld, Besitz, Macht, Prestige) nicht mehr so wichtig zu nehmen. Die Pflege eines ruhigen Geistes ist nun wichtiger als die Pflege des Portfolios. Eine innere Läuterung ist nun angesagt. Manche suchen in diesem Lebensabschnitt spirituelle Inspiration durch einen Lehrer, der ihnen helfen soll, die Härte ihres Herbstes zu ertragen. Gibt es Probleme in diesem Neuorientierungssprozess, entstehen leicht Me- lancholie und Depressionen. Man fühlt keine Freude, man ist einsam und niedergedrückt, vom Leben abgeschnitten.
Gerade im Herbst kann eine vertiefte Atmung die Lungenenergie stärken und ein neuer Rhythmus gefunden werden. Entschlacke deinen Körper, deine Wohnung, deine Gedanken, kläre deine Beziehungen, um wertlos Gewordenes loszuwerden. Gebirgswanderungen bringen dich ebenfalls in Kontakt mit dem Metallelement. Respektiere anderer Leute Grenzen und akzeptiere deine eigenen, prüfe, wann du offen sein willst und wo du dich verschließen solltest. Regelmäßige Saunagänge öffnen die Hautporen und bringen Schlacken über den Schweiß nach außen, scharf gewürztes Essen klärt Nase und Nebenhöhlen und bringt das Qi in Bewegung. Lasse neue Inspirationen zu, denn erst dadurch kann ein positiver Zugang zum Herbst des Lebens gefunden werden. So kann die Angst vor dem Altern und der Schrecken vor dem Tod gelindert werden. „Die 3 Monate des Winters kennzeichnen Verschluss und Speicherung. Das Wasser ist gefroren und die Erde bricht auf. Störe jetzt nicht das Yang-Qi! Gehe früh zu Bett und stehe erst spät auf, warte, bis die Sonne erschienen ist. Achte darauf, das Dein Wille (Zhi) im Verborgenen bleibt, so als ob Du geheime Absichten hast oder Du bereits etwas erworben hast. Meide die Kälte, suche die Wärme, lasse nicht zu, dass Einflüsse (Schweiß) über die Haut abfließen können. Dies entspricht dem Qi des Winters und ist der natürliche Weg, das Speichern zu nähren. Wer sich entgegengesetzt verhält, wird seine Niere schädigen!“ Die Beschreibung des Winters im Nei Jing ist ein Appell an die Ruhe und Zurückhaltung, welche die Essenzen Jing 精 und die Aktivitäten Qi 氣 des Individuums stabilisieren. Wir werden hier wieder an die essentielle Seite des Wassers erinnert, die in der Verborgenheit den Bestand für das Weiterleben der Art sichert. In der Natur ist Wasser wie ein unterirdischer Strom, so dunkel und fruchtbar wie der Mutterleib, so beständig und tief wie die dunkle See. Wasser verdichtet sich im Frost des Winters ebenso wie Pflanzen ihren Lebenssaft im Winter in die Tiefe zu den Wurzeln ziehen; Tiere und Menschen haben sich ihren Winterspeck angefressen, Teiche verhärten sich zu Eis, Bewegungen verlangsamen sich, Energie verdichtet sich zu Materie. Dies ist eine Zeit der tatsächlichen Ruhe und des Stillstandes (Yin im Yin), aber unter der Oberfläche ist die Aktivität der Reifung und Keimung verborgen, die im Frühjahr zur Erneuerung des Lebens führen wird. Bevor Samen und Knospen keimen, brauchen sie für eine Weile einen eisumhüllten Schlummer. Während der Periode der Winterruhe verharrt die Lebensessenz in ihrer ursprünglichen Stufe - keine willentliche Aktivität, kein körperliches Begehren darf sie nun stören.
Früher bedeutete der Winter weniger Licht, eine natürliche Beschränkung, die heute nicht mehr gilt. Der Winter war deshalb eine Periode der größeren Ruhe. Die Menschen versammelten sich häufiger um das gemeinsame Feuer und hatten mehr Zeit, zu reflektieren, zu meditieren und zu lernen, geduldig zu sein. Es war eine Zeit, die Vorräte aufzuessen, die Aktivitäten einzuschränken und sich warm zu halten. So bewahrte der Mensch, oft gezwungenermaßen, seinen Vorrat an lebenswichtigem Qi. Heute gibt es solche natürlichen Beschränkungen nicht mehr. Wie jeden Tag hetzen wir auch im Winter von Termin zu Termin, kommen abends nach Hause und essen und trinken zu spät am Abend. Wir gehen auf Parties, die bis in die frühen Morgenstunden dauern. Wir können unserem Bedürfnis nach Veränderung und unserer Furcht vor der Langeweile nachgeben, indem wir ins Ausland fahren, wo wir dann oft angestrengt auf Berge steigen oder überhitzt in der Sonne liegen. Und wenn uns das zu langweilig wird, haben wir Computer, mit denen wir spielen können, und Medikamente zur Unterdrückung unserer Ängste, Beklemmungen, Spannungen, Schlaflosigkeit und Kümmernisse. So haben wir uns schon längst von den natürlichen Rhythmen entfernt und führen ein Leben, das die Essenzen eher vergeudet als bewahrt! Ebenso wie im Winter Tiere von ihren angefressenen Reserven leben und ruhen, bis der Hunger sie aufweckt, sollten wir im Winter ebenfalls Zurückhaltung üben und keine lebenswichtigen Körpersäfte nach außen fließen lassen.8 Gerade im Winter ist eine Verminderung der Aktivitäten wichtig, um die Nieren-Essenz zu schonen und die Speicherung lebensnotwendiger Energien zu unterstützen. Auch wenn wir keine Bären sind, die einen Winterschlaf brauchen, sollten wir dennoch einige Gänge runterschalten, es uns behaglich in der warmen Stube einrichten und die Kälte draußen akzeptieren. Üppige Saunagänge sind ebenso zu meiden wie Kurzurlaube in den warmen Süden, auch wenn Sonder-angebote locken oder die nasse Kälte nervt! Achte darauf, dass Dein Wille im Verborgenen bleibt. Der Winter ist nicht die Zeit, seine Wünsche und Bedürfnisse offen nach außen zu tragen. Man trägt sie im Inneren und wartet auf den Frühling und seine Kraft des Neubeginns. Dann ist ihre Erfüllung mühelos!9
8 Siehe auch die beliebte westliche Saunakultur, bei der viele Menschen ihre Körpersäfte nach außen bringen! Ebenso sind nach diesen traditionellen chinesischen Richtlinien die sexuellen Aktivitäten im Winter erheblich einzuschränken! 9 Ich weise bei meinen Darstellungen auf die Bücher von Lorenzen/Noll hin: Die Wandlungsphasen in der Traditionellen Chinesischen Medizin – HOLZ, FEUER, ERDE, METALL, WASSER – in denen diese Zusammenhänge ausführlich beschrieben sind und die hier auch zum Teil zitiert werden! München, Verlag Müller & Steinicke, 5 Bände, 1998-2012. 5. Regulierung des Essens (Shi Tiao 食調): Obgleich die Ernährungstherapie einige berühmte Verfechter in der Geschichte der chinesischen Medizin hatte, stand im Vordergrund doch immer die Drogenheilkunde. Diät und Arzneimitteltherapie bilden so auch heute noch die beiden Pfeiler der inneren Therapie, Nadel und Moxabehandlung sind die Pfeiler der äußeren Therapie. In der Lebenspflege YangSheng 養生 gilt es in der Ernährung, eine Balance zwischen den 5 Geschmacksrichtungen und den 5 thermischen Eigenschaften der Speisen zu finden und keiner einseitigen Ernährung zu huldigen. Iss nicht wie ein Schmied, wenn Du Büroarbeiter bist! Auch sind mit zunehmendem Alter die Funktionen von Magen und Eingeweide geschwächt. Die Fähigkeit, Essen zu verdauen, aufzunehmen und auszuscheiden nimmt ab, deshalb sollte im Alter auch das Essen leicht verdaulich sein. Vegetarische Nahrung z. B. ist einfacher aufzuschließen und zu resorbieren als fettes Essen. Auch Wein und regelmäßiger Alkoholgenuss schädigen den Magen und die Eingeweide! Finde feste Zeiten zum Essen, 3 Mahlzeiten am Tag mit 5-6 Stunden Abstand! Die letzte Mahlzeit spätestens um 17 Uhr schont Milz und Magen. Iss morgens wie ein König, mittags wie ein Kaufmann und abends wie ein Bettler – diese Regel gibt es in fast wörtlicher Entsprechung auch in China! Weitere Regeln für ein gutes Essverhalten sind: - Freude: Freude am Essen zu haben, ist eine wichtige Voraussetzung dafür, die Speisen genießen zu können. Wenn wir mit dem Essen zufrieden sind und eine gute Beziehung zu dem haben, was wir essen, wird unser Körper den Stoff besser in unser System integrieren können. Oft ist es wichtiger, eine bessere Beziehung zum Essen zu bekommen, als eine neue Diät auszuprobieren! Mit Ärger im Magen zu essen wird sicher keine gute Verdauung haben! - Positive Einstellung: Viele von uns hängen Glaubenssystemen nach, die Speisen in gut oder schlecht einteilen. Was allerdings gut oder schlecht für uns ist, sollte uns nicht von einer Ideologie vorgeschrieben werden. Besser, ein Stück Schokoladentorte mit Genuss und ohne Schuldgefühle essen, wenn man Appetit darauf hat. Was immer wir essen, sollten wir für uns akzeptieren und willkommen heißen. Damit schaffen wir für unsere Milz ein gutes Klima, das Beste aus der Nahrung herauszuholen. - Entspannung: Die Chinesen glauben, dass es besser ist, Essen und Arbeit nicht zu vermischen. Unsere Verdauung funktioniert am besten, wenn wir uns auf die Freuden des Essens konzentrieren und nicht an die Belastungen am Arbeitsplatz denken. Soweit es möglich ist, sollten wir unsere Mahlzeit ruhig und entspannt einnehmen und dabei weder lesen noch fernsehen oder Dienstbesprechungen abhalten. - Gut kauen: Die Chinesen sagen, der Magen hat keine Zähne. Wir sagen, gut gekaut ist halb verdaut! Wir sollten es uns zur Gewohnheit machen, jeden Bissen mindestens 20 mal zu kauen. Gut gekautes Essen hilft den Verdauungsorganen, die Essenz leichter aus der Nahrung zu extrahieren. Außerdem fühlt man sich schneller satt und braucht nicht so viel zu essen. Kalte Speisen werden durch intensives Kauen auch erwärmt. - Aufhören, wenn es am Besten schmeckt oder: Der zweite Teller macht dick! Wer kennt nicht das Völlegefühl und die Schläfrigkeit, die entsteht, wenn man sich “überfressen” hat? Alles Qi und Blut fließt in den mittleren Erwärmer, um den Exzess bewältigen zu können. Wird dies zur Gewohnheit, schwächt das unsere Milz und Nässe-Schleim kann sich bilden. Um diese Überfülle überhaupt bewältigen zu können, wird sie von der Milz als Fettreserve zur Seite geschoben.
- Nicht die Milz überfluten: Die Milz verabscheut zuviel Flüssigkeit, besonders wenn sie während einer Mahlzeit getrunken wird. Trinke möglichst nichts zu den Mahlzeiten! Das Getränk vermischt sich mit dem Speisebrei und verdünnt die Verdauungssäfte, so dass die Verdauungsarbeit von Milz und Magen erheblich beeinträchtigt wird. Besser ist es, zwischen den Mahlzeiten etwas zu trinken. Auch eine warme Suppe vor der Hauptmahlzeit fördert den Verdauungsprozess. - Nicht die Milz verkühlen: Das Milz-Yang ist leicht zu schädigen. Besonders Rohkost oder kalte Speisen/Getränke schwächen die Milz. Der Verdauungsprozess braucht Wärme zum Aufschließen der Nahrungsmittel. Ein Kühlschrank im Bauch konserviert die Speisen, anstatt sie zu verdauen, Nahrungsmittelblockaden können entstehen. Also: Keine Eiscreme zum Dessert! - Wähle Nahrungsmittel, die frisch zubereitet sind: Essen aus Dosen, oder noch schlimmer, in der Mikrowelle zubereitet, ist energetisch denaturiert und wertlos. Das Qi der so zubereiteten Speisen ist schrägläufig (Xie) und für die Gesundheit abträglich. - Vertraue Deinem Körper: Manchmal bekommen wir eine Gier nach etwas, das uns seltsam vorkommt. Besonders Schwangere kennen diesen gnadenlosen Appetit auf ungewöhnliche Speisen (z.B. Milchreis mit Salzhering). Obwohl solches Verlangen der Gesundheit abträglich erscheint, gibt es ein tieferes Verständnis in uns, das uns unsere wahren Bedürfnisse signalisiert. Was uns gut bekommt, ist auf dieser Ebene zu diesem Zeitpunkt auch gut für uns. Je mehr wir unser Bewusstsein diesen Körpersignalen öffnen, desto besser sind wir in der Lage, die wirklichen Bedürfnisse unseres Körpers von suchthaftem Verlangen zu unterscheiden.10 6. Ein harmonisches Verhältnis zwischen Arbeit und Ruhe (Lao Yi Tiao 勞逸調): Hier gilt es, ein gesundes Verhältnis zwischen Aktivität und Passivität, Spannung und Entspannung zu finden. Vermeide körperliche Überanstrengung, denn dies schädigt Qi und Blut und kostet Essenz. Die chinesische Medizin kennt das Konzept der 5 Strapazen (Wu Lao 五勞): Zu langes Laufen schädigt die Muskeln und Sehnen und damit die Leber. Zu langes Sehen schädigt das Blut und damit das Herz. Zu langes Liegen schädigt das Qi und damit die Lunge. Zu langes Sitzen schädigt das Fleisch und damit die Milz. Zu langes Stehen schädigt die Knochen und damit die Niere.
Vermeide Überanstrengung des Geistes, dies konsumiert das Herz-Blut und das Herz-Yin und schädigt das Milz-Qi. Dies ist bei einem Burn-Out-Syndrom häufig der Fall! Vermeide sexuelle Überanstrengung, dies schädigt das Nieren-Qi und die Essenz. Sexuelles Verlangen bei Männern und Frauen ist wie Yin und Yang in der Natur – sie streben nach Vereinigung! (Ge Hong). Was ist ein ausgeglichenes Sexualverhalten? Auch hier gibt es in der chinesischen Lebenspflege Angaben über Alter und sexuelle Frequenz. Dabei ist in der Regel nur die Sexualität des Mannes betroffen, die Frau scheint über ein unerschöpfliches Reservoir an Säften zu verfügen! 11
10 Siehe dazu auch Lorenzen/Noll. Die Wandlungsphase Erde, 2. Auflage, München 2012. Der Erde-Band ist im Wesentlichen einer gesunden Ernährung gewidmet, er beschreibt sehr detailliert die chinesische Küche und das Dao des richtigen Essens! 11 Über das Problem der männlichen Dominanz in den chinesischen Darstellungen über Sexualität ist bereits an anderer Stelle geschrieben worden: Siehe dazu auch Udo Lorenzen:
So gilt für den (gesunden) Mann: Mit 15 Jahren: 2 x am Tag GV12 (mit
Mit 20 Jahren: 1-2 x am Tag GV (mit Ejakulation) Mit 30 Jahren: alle 3 Tage GV
Mit 50 Jahren: alle 10 Tage GV (mit Ejakulation) Mit 60 Jahren: alle 14 Tage GV (mit Ejakulation) Mit 70 Jahren: alle 30 Tage GV (mit Ejakulation) Danach sollte der Mann keinen GV mit Samenerguss mehr haben!13 Überhaupt wird in den alten Texten dem Manne empfohlen, immer mal wieder seinen Samen beim GV zurückzuhalten. So sagt Sun Si Miao: „Wenn es Dir gelingt, hundertmal mit einer Frau zu schlafen, ohne Deinen Samen zu ergießen, wirst Du ein hohes Alter erreichen!“ (Qian Jin Yao Fang) Die Kunst, im Schlafzimmer seine Essenz zu nähren und damit unsterblich zu werden (Fang Zhong Bu Yi 房中補益), hat eine lange Tradition in der chinesischen Lebenspflege. Besonders die Daoisten waren in ihrem Streben nach Unsterblichkeit der Ansicht, dass eine gesteuerte Sexualität dazu hilfreich sein könnte. Beim Geschlechts-verkehr kam es vor allem darauf an, so oft und so viel Essenzen der Partnerin aufzunehmen, zu absorbieren und zu bewahren wie möglich. Die Säfte der Frau bei ihrem Orgasmus dienten zur Stärkung der männlichen Essenz und der Mann suchte tunlichst, seine eigene Essenz nicht im Samenerguss zu vergeuden. Wann sollte man grundsätzlich auf Geschlechtsverkehr verzichten?
- Bei vollem Magen oder wenn man ausgehungert ist - Bei extremen Witterungsverhältnissen( Hitze oder Kälte) - Wenn die Gefühle nicht harmonisch oder im Exzess sind, z. B. nach
einem Streit, bei zuviel Ärger, aktueller Trauer etc.
- Wenn man sehr kraftlos und schwach ist - Wenn Körper und Geist müde und erschöpft sind - Wenn man betrunken ist; dies erschöpft die Nieren-Essenz und das
Leber Yang, bei Frauen führt es zu einer chronischen Blut-Stagnation
Mikrokosmische Landschaften – Übergreifende Konzepte in der Chinesischen Medizin – Band 1, München 2006, S. 25 ff. 12 GV = Geschlechtsverkehr 13 Vergleiche dazu Douglas Wile: Art of the Bedchamber – The Chinese Sexual Yoga Classics Including Women’s Solo Meditation Texts. New York 1992, S. 46. f.
- Bei Maßnahmen, die das Nieren-Yang aufheizen, z. B. Ginseng,
Viagra, Levitra, exzessives Moxen auf Ren 6) etc.); sie alle erschöpfen die Yin-Essenz und verkürzen das Leben!
7. Vermeide zuviel Ruhe und Komfort (Fang Zhi Guo Yi 防止過逸): Aus der Sicht der chinesischen Medizin ist übermäßiges Faulenzen sowohl in körperlicher als auch in geistiger Hinsicht ungesund. Die Qi- und Blutzirkulation wird träge, Milz und Magen geraten in eine Unterfunktion, der Geist wird müde und der Körper schwach. No Sports“ ist also für fast alle Körperfunktionen abträglich. Lu Jiu Zhi aus der Qing-Dynastie schrieb sogar darüber ein Buch, das Yi Bing Lun 逸病 論 = Abhandlungen über die Krankheiten durch Müßiggang. Er schreibt: „Für gewöhnlich werden Menschen krank, weil sie sich überanstrengen. Aber das die Erkrankungen durch Nichtstun viel gefährlicher sind, weiß kaum einer.“14 Deshalb: Nicht nur in China ist Müßiggang aller Laster Anfang und besonders die Älteren brauchen, wenn sie in den Ruhestand gehen, regelmäßige körperliche und geistige Ertüchtigung. Regelmäßige Übungen, eine leichte Beschäftigung regt Geist und Körper an, hilft gegen die Langeweile und verhilft zu einer stabileren Gesundheit. Wie oben schon gesagt: „Türangeln, die immer bewegt werden, werden nicht von Holzwürmern angegriffen (Hua Tuo)! Wer rastet, der rostet! Welche Art der Beschäftigung kommod ist, bleibt dem Einzelnen überlassen: Ob Tai Ji Quan, Qi Gong, Yoga, Walking, Joggen, Fitness, Altherrenfußball, Aikido, Kreuzworträtseln, Sudoku, ein Seniorenstudium - die Kontinuität wird zeigen, ob diese Beschäftigung die Richtige ist. Je leichter der innere Schweinehund überwunden werden kann, desto passender wird diese Beschäftigung sein! 8. Eine gesunde Umgebung (Shi Xuan Huan Jing 适宣環境):
Auch wie und wo man wohnt hat einen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit. Eine Umgebung mit viel Natur, Ruhe, gute Luft, viel Sonne und Licht, Seeluft oder am Teich, ohne Lärm und Verschmutzung stärkt Körper, Geist und Seele und verlängert das Leben!
14 Zitiert in Autorenkollektiv: Health Preservation and Rehabilitation, , Publishing House of Shanghai College of Traditional Chinese Medicine, Shanghai 1990, S. 142 f.
Kühle Schlafzimmer, eine Datscha im Gebirge, am Meer, im flachen Land, man wohnt, wo es einem gefällt! Die Haustür sollte gen Süden zeigen, damit genügend Tageslicht einfallen kann. Das Schlafzimmer zeigt nach Osten, so sind Yin und Yang in Balance. Wer ein Händchen und die Möglichkeit dafür hat, legt sich einen schönen Garten mit Obstbäumen, Gemüse und Blumen an, um das Auge zu erfreuen und eigene Früchte zu ernten. Eine Teich mit Goldfischen fördert den Reichtum und verspricht ein hohes Alter. Wer das nicht alleine kann, oder keine Zeit dafür hat, für den gibt es Feng Shui- Beratung, damit das Qi in der Wohnung und in der Umgebung wieder richtig fließen kann. Angesichts der Tatsache, das wir ein Drittel unseres Lebens verschlafen, sollte das Schlafzimmer gut durchlüftet sein, das Bett bequem und die Matratze dem Körper angepasst. Der Kopf sollte entspannt liegen und die Bettdecke von natürlicher Beschaffenheit sein. Enten- oder Gänsedaunen vermitteln ein ganz anderes Schlafgefühl als Polyesterdecken! Auch ist auf Sauberkeit zu achten, keine Ungeziefer sollten sich im Schlafzimmer aufhalten, ebenso sollten keine Mücken oder Mosquitos den Schlaf stören. Mit steigendem Lebensstandard wird auch mehr Wert auf eine dekorative Innenausstattung einer Wohnung gelegt. Es steht die farbliche Abstimmung der Wände, der Gardinen und der Möbel im Mittelpunkt. Aber auch hier sollten die Farben dem Auge gefallen und den Geist erfreuen. Der Mensch liebt es, schöne Dinge zu betrachten – Richte Deine Umgebung so ein, das auch Eyecatcher vorhanden sind! 9. Halte Dich an Regelmäßigkeiten (Ding Shi Zuo Xi 定時作息):
Wie die chinesische Medizin postuliert, haben Qi und Blut in ihrem Fließen einen festgelegten Rhythmus, den wir als Organuhr auch für die Therapie anwenden. Fülle und Leere, Auf und Ab des Qi verändern sich im Zweistundentakt. Von 3-5 Uhr hat die Lunge ihre Maximalzeit, von 5-7 Uhr der Dickdarm, von 7-9 Uhr der Magen, von 9-11 Uhr die Milz, von 11-13 Uhr das Herz, von 13-15 Uhr der Dünndarm, von 15-17 Uhr die Blase, von 17-19 Uhr die Niere, von 19-21 Uhr das Perikard, von 21-23 Uhr der Drei Erwärmer, von 23-1 Uhr die Gallenblase und von 1-3 Uhr die Leber. Der Mensch sollte sich mit seinen Aktivitäten diesem Rhythmus anpassen. Ein gutes Frühstück zwischen 7-9 Uhr lässt die Qi- Produktion zur Höchstleistung auffahren, eine Stuhlentleerung zwischen 5-7 Uhr entsorgt optimal nicht nur den stofflichen Müll.
Die wichtigsten Entscheidungen treffen wir im Schlaf, wenn die Gallenblase zwischen 23-1 Uhr ihre Maximalzeit hat, usw. Auch sollte man es vermeiden, Dinge zu einer Zeit zu tun, die nicht mit dem Qi-Fluss konform gehen. So ist es der Verdauung abträglich, abends zwischen 19-21 Uhr ein opulentes Mahl einzunehmen. Der Magen hat dann seine Ruhephase und eigentlich sollte das Perikard zu dieser Zeit seine (chinesische) Funktion, Lust und Freude zu verbreiten, ausleben dürfen. Im Alter ist ein regelmäßiger Schlaf von besonderer Bedeutung. Er sollte mindestens 6 Stunden lang, tief, ruhig und traumlos sein. Wach- und Schlafrhythmen, Arbeits- und Ruhephasen, geregelte Mahlzeiten und regelmäßige Gewohnheiten und Rituale – alles ist hilfreich dafür, Krankheiten zu verhindern und gesund zu bleiben. Fragt man Hundertjährige nach dem Rezept ihres langen Lebens, dann führen sie oft ein geregeltes Leben an. Weder Exzesse noch Askese sind der Grund für ihr hohes Alter, sondern ein routinierter Alltag, der auch ein Schnäpschen und eine Zigarre verträgt. 15 Sehr wichtig ist auch das Vermeiden von Ärger und Stress. Es geht immer darum, den eigenen Rhythmus zu finden und den Alltag so zu gestalten, dass Qi und Blut im Fluss bleiben. Besonders Rentner und Pensionäre, die nach vielen Jahren aus ihrem Arbeitsprozess ausscheiden, sind gefordert, ihr Leben an einen neuen Rhythmus anzupassen, um so die veränderte Lebenssituation auszubalancieren. 10. Die passende Bekleidung (Yi Zhuo Shu Shi 衣著舒適): Der Nutzen und Gebrauchswert von Bekleidung ist ihr Schutz vor Wärme, Kälte, Wind und Nässe. Seit seiner Vertreibung aus dem Paradies und seiner Entwicklung zum Homo Sapiens hat der Mensch Wege gefunden, um seine Nacktheit zu verbergen und seinen Körper den Wetter- einflüssen anzupassen. Dabei ging in früheren Zeiten Nutzen vor Schönheit! Die Bekleidung sollte der Witterung angepasst sein. Im Sommer sollte die Kleidung dünner und leichter sein und mit hellen Farben, die dem langen Tageslicht entsprechen. Im Winter sind dunklere Farben und schwerere, wärmende Stoffe vorzuziehen. Mehrere Schichten Bekleidung verhindern, dass Kälte und Nässe den nackten Körper erreichen.
15 Obgleich aktuelle westliche Studien ein hohes Alter im Wesentlichen auf die Veranlagung (Gene) zurückführen. Siehe dazu den Artikel im Journal of the American Geriatrics Society 2011, zitiert unter http://de.sott.net/article/2814-Das-ungesunde-Leben-der-Hundertjahrigen. Ein gesunder Lebensstil wird hier nicht als ein bedeutsamer Faktor für Langlebigkeit genannt.
Der Daoist Qiu Chu Ji (1148-1227) aus der Yuan-Dynastie schreibt in seiner Abhandlung She Sheng Xiao Xi Lun 攝生消息論 = „Informationen darüber, wie man gesund bleibt“, die richtige Bekleidung im Frühling und im Herbst: „DieTemperaturen verändern sich schnell im Frühling. Man sollte hier noch nicht seine wattierte Kleidung ausziehen, besonders nicht die Älteren. Man sollte immer eine warme Leinenjacke dabei haben, um bei Hitze die wattierte Jacke zu wechseln und bei Kälte die Leinenjacke überziehen zu können. Denn ältere Menschen sind besonders anfällig dafür, dass Wind-Kälte in die Haut und in die Muskulatur eindringen können, weil Ältere eine tendenzielle Qi-Schwäche und eine schwächere Konstitution haben (als Jüngere). Im Herbst wird es kühler und man sollte mehr körperliche Übungen machen, um den Körper widerstandsfähiger zu machen.“ Gao Lian aus der Ming-Dynastie schreibt: „ Es ist gut, seine Füße und den Kopf im Winter der Kälte auszusetzen. Außerdem sollten Jugendliche und Erwachsene weniger Bekleidung tragen, so dass sie etwas frieren. Bei Kindern behindern zu schwere Kleider ihre Beweglichkeit, was bewirkt, dass sich ihre Konstitution (Shen Ti 身體) schlecht entwickelt und sie schwer großzuziehen sind. Passende Bekleidung für Kinder wird ihnen Gesundheit und ein langes Leben sichern!“ (Acht Essays über die Wichtigkeit der Lebenspflege).16 „Ältere jedoch sollten mehr als Jugendliche und Erwachsene vorsichtig Bekleidungsstücke ergänzen oder ablegen, um sich gegen Wind, Kälte und Nässe zu schützen, weil ihr Yang-Qi schon schwach ist und ihre körperliche Konstitution nachgelassen hat.“ (Ebenda) Auch ein regelmäßiges Baden und Wechseln der Unterwäsche dient nicht nur der Hygiene, sondern auch der Gesundheit. Ebenfalls sollten verschwitzte Kleider sofort nach dem Schwitzen gewechselt werden, da sonst Beulen und juckende Hautstellen entstehen.17 Das die Bekleidung die passende Größe haben sollte, ist eigentlich ein alter Hut, aber sieht man auf der Straße junge Menschen der Mode wegen wie in einer Wurstpelle eingequetscht, dann zweifelt man nicht nur am gesunden Menschenverstand der Trägerin, sondern hat gleichfalls eine Bestätigung für die Macht der Modeindustrie und der jugendlichen peergroups.
16 Zitiert in Autorenkollektiv, wie Fußnote 14, S. 166. 17 Ebenda, S. 168
Natürlich wird durch einengende Kleidung der Qi-Fluss gestört und dies ist eine äußerliche Ursache für eine Leber-Qi-Stagnation! Auch hochhackige Schuhe („highheels“) und die daraus resultierende Körperhaltung und Bewegung der Frau sind zwar eine Augenweide für manche Männer, aber für die Frauen oft ein Haus der Qualen. Alle Leitbahnen und deren Punkte am Fuß sowie die Wundergefäße Chong Mai, Dai Mai und die Yin- und Yang Qiao Mai-Gefäße werden künstlich belastet und möglicherweise in ihrer energetischen Entfaltung behindert. Dies alles erinnert an den Brauch des Fußbindens bei Frauen in China der Song-Dynastie, der sich bis in das 20. Jahrhundert erhalten hat. Dieses Ritual hatte den Zweck, die Frau an Heim und Herd zu binden und eigenständige Schritte nach außen zu unterbinden. Auch sollte sich durch den trippelnden Gang der so behinderten Frauen die Beckenmuskulatur trainieren, damit ihre Vagina so eng und straff wie die einer Jungfrau wurde und dem Mann im Liebesspiel besondere Wonnen schenken konnte.18 Es verwundert, dass es keine medizinische Literatur im kaiserlichen China gibt, welche die Folgen und Krankheiten solcher verunstalteten Füße beschreibt. Es scheint, als ob im alten China die kulturelle Bedeutung und Macht des Fußbindens größer war als seine medizinischen Folgen! Gleiches lässt sich wohl auch bei uns über die Entwicklung der Mode sagen. Zweckentfremdet von der gesundheitlichen Notwendigkeit der Bekleidung erscheint Mode oft als etwas Eigenständiges und als ein Einfluss, der die Persönlichkeit ihrer Trägerin deutlicher prägt als ihre natürliche Erscheinung und Intelligenz. Nicht mehr die wärmenden Eigenschaften der Kleidung stehen beim Kauf zur Debatte, sondern die Marke und seine Wirkung nach außen. Und hier schließt sich der Kreis: Wenn der Geist verwirrt ist vom Warenfetischismus eigentlicher Gebrauchswerte, dann ist ihm nicht klar, wie er seinen Frieden finden soll – immer umgetrieben von neuen Hips und Trends verliert er sich in Äußerlichkeiten und findet seinen Weg nicht mehr zum Herzen zurück. So entsteht Chaos im kleinen Königreich Mensch und alle Beamte können in ihren Funktionen in eine Schrägheit geraten. Ein solches Verhalten ist kontraproduktiv für eine natürliche Lebenspflege!19
18 Siehe dazu Patricia Ebrey: The Inner Quarters – Marriage and Lives of Chinese Women in the Song-Period, S. 38 ff. California Press, 1993 19 Der Mensch als mikrokosmischer Staatsapparat wird im Nei Jing Su Wen im 8. Kapitel beschrieben: „Diese zwölf Beamten bilden ein zusammenhängendes Ganzes und dulden keinen Fehler. Wenn der Herrscher (das Herz) erleuchtet ist, werden seine Untertanen in Frieden leben können; wer sein Leben nach diesen Prinzipien ausrichtet, wird ein hohes Alter
Schluss: Es erscheint müßig, in einer Gesellschaft, die statistisch damit angibt, dass wir immer älter werden, über Lebenspflege und einem gesünderen Leben zu reden. Unsere Medizin kann beinahe jede Krankheit behandeln. Wenn ein Organ ausfällt, wird es durch ein Spenderorgan ersetzt, amputierte Körperteile werden durch Prothesen ersetzt - nur das Gehirn scheint sich diesen Eingriffen bisher noch zu widersetzen. Aber bei allen schweren Krankheitsentwicklungen ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen, oder wie es im Nei Jing heißt: „Krankheiten zu behandeln, die sich bereits voll entwickelt haben, ist genauso, als ob man einen Brunnen gräbt, wenn man durstig ist oder als ob man Waffen schmiedet, wenn der Krieg bereits angefangen hat – Ist das nicht bereits zu spät?“ (Su Wen, Kap. 2) Lebenspflege Yang Sheng ist immer prophylaktisch und eine Rückkehr zu einem einfacheren Leben! Wie oben aufgezeigt, ist eine gesunde Lebensweise gekoppelt an eine Mäßigung und Regelmäßigkeit bei allen natürlichen Lebensäußerungen. Der Ältere profitiert am deutlichsten davon, denn er spürt die langsam schwindende Kraft und hat häufiger ein Bedürfnis, etwas dagegen zu tun. Der ältere Mensch ist in der Regel auch nicht mehr so konsumorientiert und braucht nicht viel Geld für eine gesunde Lebensführung. Denn eine gesunde Lebensführung ist auch nicht teuer. Konsequent angewendet kann sie mehr Zufriedenheit und Glücksempfinden auslösen als die teuersten Konsumartikel. Und wenn der Tod spürbar näher rückt, gibt es keine Ausflüchte mehr: Das Leben findet im Hier und Jetzt statt, jeder ist seines Glückes Schmied, und wer sich aus Bequemlichkeit hinter seinen „guten Genen“ versteckt, wird zu einer Türangel, die rostet, weil sie nicht bewegt wird oder zu einem stehendem Gewässer, in dem sich faules und giftiges Wasser bildet.20 Eine natürliche Lebenspflege kann schwere Erkrankungen natürlich nicht immer, aber häufig verhindern. Und wenn dabei ein langes und gesundes Leben herauskommt und sich unsere Lebensspanne vollständig erfüllt, dann ist der Tod die Krönung unseres Lebens!
erreichen, und er wird niemals gefährdet sein. Wer sein Reich nach diesen Prinzipien regiert, wird ein goldenes Zeitalter haben. Wenn der Herrscher jedoch nicht erleuchtet ist, geraten die zwölf Beamten in Verwirrung; die Transportwege (die Leitbahnen) werden blockiert, und schließlich ist die Verbindung zwischen ihnen unterbrochen. Der Körper wird großen Schaden erleiden! Wer so lebt, wird ins Verderben sinken. Wer so sein Reich regiert, wird seinen ganzen Clan gefährden. Seid vorsichtig, ich wiederhole, seid sehr vorsichtig!“ 20 Dieser Artikel „Yang Sheng - Chinesische Lebenspflege und -weisheit für den Alltag“ ist ein Vorabdruck des gleichnamigen Buches, das zum Ende des Jahres erscheinen soll.
Vita Udo Lorenzen (Heilpraktiker, Medizinhistoriker M.A., Dipl. Sozialpädagoge), 24106 Kiel, Projensdorfer Str. 14. Geb. 1954 in Kiel, seit 1988 Heilpraktiker mit eigener Praxis in Kiel; 1983 Ausbildung an der Academy of Chinese Acupuncture in Colombo/Sri Lanka; seit 20 Jahren Leiter des Ausbildungszentrums Nord für Klassische Akupunktur und TCM (siehe unter www.abz-nord.de); seit 1994 Studienreisen nach China mit Fortbildungen an der University of TCM in Chengdu; Studium in Geschichte der Medizin, Pädagogik und Sinologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), 2006 Abschluss zum Medizinhistoriker M.A. (Magister Artium). Seit 2007 Promotion an der CAU. Seit 2011 Mitglied der World Federation of Chinese Medicine Societies (Weltverband der internationalen Gesellschaften für Chinesische Medizin,) im Committee of Examination and Evaluation. Publikationen: Mikrokosmische Landschaften – übergeordnete Konzepte in der chinesischen Medizin, Band 1 (2006) und Band 2 (2007); Terminologische Grundlagen der traditionellen chinesischen Medizin“ (1998); Die Wandlungsphasen der traditionellen chinesischen Medizin, 5 Bände (Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser) 1992-2012 (im Autorenteam mit Andreas Noll). Autor vieler Fachartikel über traditionelle Akupunktur und TCM in deutschen und ausländischen Fachzeitschriften; seit 1990 Dozent zu vielen Themen der chinesischen Medizin im In- und Ausland. Udo Lorenzen Tel. 0431-330303 [email protected] www.abz-nord.de
BIJSLUITER VOOR HET PUBLIEK Benaming Nicorette Inhaler, plugje voor inhalatie Samenstelling 10 mg nicotine per staafje Levomenthol, stikstof q.s. Farmaceutische vormen, verpakkingen en wijze van aflevering - Aanvangsverpakking: 42 kokertjes (7 blisters; met elk 6 verzegelde kokertjes met daarin staafjes met nicotine) en een mondstuk. Nicorette Inhaler is vrij van voorschrift.
Youth culture Municipality of Slovenj Gradec - carrier of the cultural field Youth/cultural centres and other youth organizations are closely connected to youth culture. Besides programmes and projects that are executed in them, they also offer advisory, professional, organizational, financial and technical help to volunteer associations, autonomous youth groups and individuals. In t